Auf die Klimmspitze und Wasserfallkarspitze

Die Klimmspitze gehört mit ihrem eleganten, pyramidenartigen Gipfelaufbau wohl zu den schönsten und auffallendsten Gipfelerhebungen der Hornbachkette. Kühn erhebt sich dieser östlichste Gipfel der Hornbachkette über dem Lechtal und verlangt geradezu danach bestiegen zu werden. Der Anstieg aus dem Großkar auf markiertem Steig ist leicht und der Gipfel bietet auf Grund seiner Lage und Höhe eine schöne Aussicht ins Lechtal, auf die Lechtaler Alpen und auf die Allgäuer Gipfel nördlich des Hornbachtals. Trotzdem ist die Klimmspitze als Gipfelziel weniger bekannt und ihren Namen sucht man in den handelsüblichen Wanderbüchern meist vergebens. Für Geübte noch interessanter ist hingegen die Besteigung der Wasserfallkarspitze. Sie ist um fast 100 Meter höher als die Klimmspitze und bietet eine sehr eindrucksvolle Rundumsicht. Die Besteigung dieses einsamen Gipfels erfordert auf dem leichtesten Anstieg keine Kletterei, aber Trittsicherheit in steilem Geröll und ein wenig Übung im weglosen Gehen. Sowohl die Klimmspitze, als auch die Wasserfallkarspitze sind wegen Geröllpassagen mitunter mühsam und erfordern gute Kondition. Die sich anbietende Verbindung beider Gipfel, jeweils mit Ersteigung aus dem Großkar, ist außerordentlich anstrengend und gehört insgesamt zu den anstrengendsten Tourenvorschlägen meiner Seite.

Ausgangsort ist der kleine Ort Klimm bei Elmen im Lechtal. Kurz nachdem man Elmen zu seiner Linken hinter sich gelassen hat, biegt man nach rechts ab und parkt das Auto auf dem winzigen Parkplatz neben einer schönen Holzbrücke über den Lech. Wir überqueren diese und halten auf den nur wenige Häuser umfassenden Ort Klimm zu, bis wir zwei eng aneinander stehende Häuser erblicken, zwischen denen wir hindurchgehen. Hier beginnt auch schon unser markierter Steig, welcher zunächst an einem Gartenzaun entlangläuft. Schnell wird der Weg steiler und zieht ohne Gnade durch den unten bewaldeten, oben mit Latschen bewachsenen Hang zum Großkar hinauf. Gehen Sie an heißen Tagen rechtzeitig los, denn in den Latschen ist es zu später Stunde unerträglich heiß und schwül. Das Großkar bildet zusammen mit seiner Umrandung eine eindrucksvolle und abweisende Kulisse. Kein Laut dringt von der viel befahrenen Straße im Lechtal herauf, kaum zu glauben, dass die Zivilisation so nahe ist.

Für die Besteigung der Wasserfallkarspitze wenden wir uns im Kar nach links. Hinter dem welligen Karboden erblickt man einen markanten Querriegel, über dem sich ein nach rechts ansteigender Schuttrücken befindet. Dieser Rücken vermittelt den günstigsten Zustieg zur Scharte rechts des hinter dem Rücken aufragenden, sehr steilen Gipfelaufbau der Wasserfallkarspitze. Der Querriegel wird links von einem Felskopf begrenzt und geht auf der rechten Seite in eine zunehmende höher werdende, düstere Mauer über. Im mittleren Teil ist er auffallend dunkel gefärbt und etwas nach hinten versetzt. Er weist hier auch die geringste Wandhöhe auf. Genau hier befindet sich auf der linken Seite auch die günstigste Durchstiegsmöglichkeit zum beschriebenen Rücken, über den sich dann der weitere Anstieg vollzieht. Zu dem Querriegel selbst muss man über das darunter eingelagerte, steile Geröllfeld aufsteigen. Seien Sie unbesorgt, das Ganze legt sich bei Herantreten noch weiter zurück und ist dann eigentlich nicht mehr wesentlich steiler, als der Geröllhang links von der Klimmspitze. Von unserem Standpunkt aus sieht das in der Tat etwas abenteuerlich aus.

Zunächst gilt es, das wellige Kar mit möglichst wenig Höhenverlust zu queren. Man hält sich dazu zunächst etwas nach rechts und hält dann, immer den Grashügeln ausweichend, auf den Querriegel zu. Wenn Sie alles richtig machen, treffen Sie im hinteren Teil sogar auf eine Trittspur, welche auf der günstigsten Route den Karboden quert und schließlich vor grobem Blockwerk endet. Über das Blockwerk steigend gelangen wir zum untersten Ansatz des Geröllfelds und steigen nun mühsam, am besten im oberen Teil die spärlichen Graszungen ausnutzend, zum Querriegel empor. Besonders der letzte Abschnitt erfordert Trittsicherheit und zehrt an den Kräften. Auf der linken Seite erkennt man nun eine nach links emporziehende, gut gestufte Schrofenrinne, welche rechts von der steilen Wand des Riegels begrenzt wird. In dieser geht es in netter Kraxelei empor. Man erreicht die Ostflanke des beschriebenen Rückens und steigt über Schutt und Geröll zur Kammhöhe auf. Den Austritt der Rinne sollte man sich übrigens gut einprägen, da man diese selbst vom Rücken aus nicht sehen kann. Ich empfehle für die Durchsteigung der Rinne einen Helm mitzunehmen. Wegen der steilen Schuttflanken oberhalb des Querriegels ist die Gefahr von Steinschlag hier besonders hoch, wobei dieser von Ihren Begleitern, wie auch von Gämsen gleichermaßen ausgelöst werden kann. Auf dem Rücken geht es nun über Geröll und Blockwerk stetig bergauf. Dem schrofigeren Abschnitt im mittleren Teil des Rückens weicht man nach links über Geröll aus oder durchsteigt ihn auf guten Tritten. Der Rücken läuft im oberen Teil an der rechten Seite eines Geröllfelds aus, welches unterhalb des senkrechten Gipfelaufbaus der Wasserfallkarspitze eingelagert ist. Der einfachere, zugleich aber weniger interessante Anstieg zum Gipfel führt über das Geröllfeld um den Gipfelaufbau herum, von wo man über leichte Schrofen ohne Schwierigkeiten einen Absatz auf der Westseite erreicht. Von diesem steigt man auf Trittspuren im Geröll schließlich zum Gipfel auf. Mit etwas Aufmerksamkeit dürfte der günstigste Durchstieg in der Westflanke kein Problem darstellen, wobei man sich im hinteren Teil am besten dicht an den südlichen Wandabbrüchen der Gipfelkrone hält. Was Trittsicherheit anbelangt ist das nicht schwieriger zu bewerten, wie der bisherige Aufstieg auf dem Rücken. Geübte und schwindelfreie Geher können die Wasserfallkarspitze auch über den Ostgrat aus der Scharte rechts des Gipfels erklettern. Dazu steigen wir den auslaufenden Rücken weiter bis zur Scharte auf. Der Grat setzt wenige Meter oberhalb der Scharte mit einer steilen Felskante an, welche rechts auf einem kurzen Band in der ausgesetzten Nordflanke umgangen wird. Liegt hier noch Schnee, was auf der Nordseite häufig auch mit Vereisung verbunden sein kann, ist äußerste Vorsicht angebracht. Umkehr ratsam! Am Ende des Bands klettert man die letzten 3 Höhenmeter auf kleinen, aber ausreichend großen Tritten und Griffen zur Grathöhe hinauf (II). Auf dem Grat folgt unmittelbar ein weiterer steiler Aufschwung, der meiner Meinung nach ebenfalls mit II zu bewerten ist. Eventuell kann dieser auch rechts umgangen werden, bei meiner Besteigung lag hier jedoch Schnee. Danach geht es in leichter, aber immer noch luftiger Gratkletterei (I) in wenigen Minuten zum Gipfel der Wasserfallkarspitze empor.

Die Aussicht lässt an klaren Tagen kaum Wünsche offen. Nur im Westen begrenzt die 80 Meter höhere Urbeleskarspitze einen kleinen Teil des Rundumpanoramas. Mir hat der Blick ins Hornbachtal sogar besser gefallen, als vom Gipfel der Urbeleskarspitze aus, da der Gipfel der Wasserfallkarspitze fast einen Kilometer weiter nördlich liegt und dadurch auch die Hornbachkette besser hervortritt. Das Panorama der Lechtaler Alpen ist von hier oben ebenso grandios, wie die jenseits des Hornbachtals aufragenden Allgäuer Gipfel der Wilden- und Hochvogelgruppe. Man möchte ewig hier oben auf dem einsamen Gipfel verweilen. Wer sich jedoch noch imstande fühlt die Klimmspitze mitzunehmen, sollte seinen Aufenthalt nicht endlos ausdehnen. Als Abstieg ist die Route über die Westflanke wohl die angenehmere, da man so die etwas ausgesetzte Gratkletterei in Abwärtsrichtung vermeiden kann und man lernt noch etwas Neues kennen. Deutliche Trittspuren führen direkt vom Gipfel zu dem beschriebenen Absatz in der Westflanke. Dieser endet weiter links in Abbrüchen, halten Sie sich also eher rechts, wo man problemlos zum Geröllfeld gelangt und über dieses zum Aufstiegsrücken zurückkehrt. Über diesen und durch die kurze Rinne am Querriegel (denken Sie hier besonders an meinen Hinweis mit dem Steinschlag) steigen wir zum Geröllfeld ab, welches im mittleren Teil ein recht zügiges Abfahren ins Großkar zulässt. Genau wie auf dem Hinweg kehren wir zum markierten Steig am Beginn des Großkars zurück.

Die Besteigung der Klimmspitze ist leicht und durchgehend markiert, allerdings kaum weniger mühsam, als der Anstieg zur Wasserfallkarspitze. Ihr auffallend heller Plattengipfel wirkt gegen die düsteren, schwarz-gelben Steilwände der Wasserfallkarspitze und Schwellenspitze schon fast einladend. Zunächst steigt man über grobes Blockwerk hinweg (markiert) auf das Geröllfeld zu, welches rechts von einer steilen Felswand begrenzt wird. Genau an dieser Wand entlang führt über steiles Geröll auch unser nächster Wegabschnitt. Es ist der mühsamste Abschnitt des Aufstiegs, da man beim Steigen in dem steilen Geröll nur langsam und kräftezehrend an Höhe gewinnt. Besonders im Anschluss an die Wasserfallkarspitze wird das wohl doch den einen oder anderen zur Aufgabe bewegen. Schließlich geht die Felsflanke in eine mäßig steile, grasdurchsetzte, schrofige Abdachung über, über die wir ohne Probleme auf eine begrünte Schulter gelangen, die uns an den plattigen Gipfelbau heranführt. Dieser Abschnitt des Anstieges war früher weglos, ist neuerdings aber ebenfalls markiert.

Unterhalb des Gipfelaufbaus fällt rechts eine Trittspur im Geröll auf, welche in die plattige Südflanke des Gipfelaufbaus leitet. Dies ist der alte Anstieg. Er ist technisch etwas anspruchsvoller, als die neue Route über den durchgehend markierten Südgrat, dafür gibt es hier etwas weniger Geröll. Wir halten uns jedoch auf den heutigen Normalweg, der ebenfalls ein paar nette Kraxelstellen bereithält und zumindest ein Minimum an Schwindelfreiheit und Trittsicherheit von uns fordert. Absolut Ungeübte sollten hier meiner Meinung nach ans Seil, auch wenn der Steig keine nennenswerten Schwierigkeiten aufweist. Am Ende biegt der Südgrat nach Osten ab und man erreicht in wenigen Schritten den Gipfel. Das ehemalige Kreuz, dass mit seinen 16 Metern als höchstes der Alpen galt, viel leider immer wieder Gewitterstürmen zum Opfer. Geblieben ist nur noch die Verankerung in der Südflanke. Aber auch das neue Kreuz mit Buch gehört zu den schönsten Gipfelkreuzen der Allgäuer Alpen und gibt sich auch in Sachen Größe nicht gerade bescheiden. Ein Blick in das Gipfelbuch zeigt, dass die Klimmspitze zwar kein super Geheimtipp ist, aber mehr als 2 Eintragungen pro Tag findet man selten. Es ist schon verwunderlich, dass solch ein schöner und lohnender Aussichtsgipfel so von den Massen ignoriert wird. Wahrscheinlich ist er den meisten für eine Tagestour doch ein wenig zu anstrengend und Einkehrmöglichkeiten gibt es schließlich auch keine. Apropos Aussicht: Die Aussicht nach Süden auf die Lechtaler Alpen und nach Norden auf die Allgäuer Alpen ist ähnlich wie von der Wasserfallkarspitze aus, allerdings verhindert die Schwellenspitze und die Wasserfallkarspitze teilweise den Blick ins hintere Hornbachtal. Dafür bekommen wir einen eindrucksvollen Einblick in die senkrechte Nordwand der Schwellenspitze, welche mit 670 Metern Wandhöhe als höchste Felswand der Allgäuer Alpen gilt. Außerdem kann die Klimmspitze auch mit einem sehr hübschen Blick in das östliche Lechtal aufwarten, was die Wasserfallkarspitze ebenfalls nicht kann. Jeder Gipfel hat eben seine eigenen Reize.

Genau auf der Anstiegsroute steigen wir mit der nötigen Vorsicht über den Südgrat und die schrofige Abdachung zum Geröllhang ab. Ein Abfahren im Geröll war bei meiner zweiten Besteigung durchaus möglich, während ich bei meiner ersten Besteigung nur Steinschlag produziert habe. Besonders gut war ein Abfahren entlang der markierten Aufstiegsroute möglich. Man kann auch schon am obersten Ende der Schrofenabdachung in das Geröllfeld nach rechts queren, doch ist die Geröllauflage hier noch dünn und verspricht auf den ersten Metern eher wenig Spaß. Steigen Sie also am besten auf der markierten Route bis zum Beginn des Geröllfelds ab und suchen Sie sich dann die günstigsten Abfahrmöglichkeiten. Auf dem markierten Steig geht es dann zurück zum Parkplatz an der Lechtalbrücke.

Wer Spaß an ganz leichter Schrofenkletterei und etwas Orientierungssinn hat, dem kann ich am Gipfel auch den Abstieg über die "alte" Route in der Südflanke sehr empfehlen. Es ist nicht verkehrt, bereits im Aufstieg, kurz nach Austritt auf die Südschulter, einen kurzen Blick auf den Gipfelaufbau zu werfen, um sich einen kurzen Überblick über das Gelände zu verschaffen. Die Route verläuft eigentlich immer etwas östlich des Südgrats entlang und quert nur auf den allerletzten Metern einmal unter dem Gipfelkreuz hindurch. Leider versperrt der Südgrat im Abstieg den Blick auf den Südrücken, was die Orientierung etwas erschwert. Mit etwas Aufmerksamkeit müsste man jedoch immer wieder auf einen verblassten Markierungspunkt stoßen, neuerdings erleichtern auch Steinmänner die Orientierung in dem eigentlich übersichtlichen Plattengelände. Da man allzu oft ein paar Meter von der ehemaligen Idealroute abkommt, muss man umso häufiger Hand anlegen. Dass macht auf den griffigen und eher wenig geneigten Platten wirklich Spaß und ist eigentlich nie schwieriger als I-. Ich finde diese Route jedenfalls interessanter und auch nicht viel anspruchsvoller als die Route über den Südgrat, so dass ich Sie Ihnen hiermit ans Herz legen möchte. Da die Route in den nächsten Jahren wohl noch weiter verfallen wird, sollten insbesondere weniger Geübte diesen Abstieg nur in Begleitung eines Bergerfahrenen angehen, der vorangehend die günstigsten und sichersten Abstiegsmöglichkeiten auskundschaftet.

Karte

Höhenprofil mit Gehzeiten (ohne Pausen)

Lieber Bergfreund,

bei den auf gipfelsuechtig.de vorgestellten Tourenvorschlägen handelt es sich um außergewöhnlich schöne und spannende Bergfahrten, welche aber mitunter in ihrer Gesamtanforderung als recht anspruchsvoll eingestuft werden müssen. Für eine gefahrlose Nachbegehung sind neben Unternehmungslust und guter Ausrüstung vor allem zwei Dinge von großer Wichtigkeit: Vernunft und alpine Erfahrung. Die jährlich steigende Anzahl teils tödlicher Bergunfälle zeigt, dass viele Bergbegeisterte sich in Ihrem Unternehmungsdrang überschätzen oder dem alpinem Gelände nicht den nötigen Respekt zollen. Besonders erschreckend ist bei näherer Betrachtung, dass es sich hierbei noch nicht einmal immer um besonders anspruchsvolle Touren handelt.

Meine dringende Bitte an Sie ist deshalb: Überprüfen Sie kritisch Ihre Bergerfahrung und lassen Sie bei Auswahl und Durchführung der Touren Vernunft walten. Nicht die schwierigste Tour ist die schönste, sondern jene, welche an Ihre individuelle Bergerfahrung angepasst ist. Es wäre für mich als Autor dieser Seite furchtbar, wenn Ihnen aufgrund meiner Tourenvorschläge etwas zustoßen sollte.

Die Bewertung der Schwierigkeiten auf meiner Seite erfolgt in der Regel sachlich und eher streng, was erfahrenen Gehern die korrekte Einordnung der Anforderungen erleichtern soll. Berücksichtigen Sie bitte, dass sich auch meine leichteren Touren teilweise in alpinerem Gelände mit allen damit verbundenen Risiken bewegen. Eine genauere Einordnung der von mir bei der Tourenbewertung verwendeten Schwierigkeitsskala finden Sie unter "Verschiedenes -> Bewertungen".

Wann immer Sie unsicher sind oder noch Fragen haben: Schreiben Sie mir eine Email oder rufen Sie mich einfach an (siehe Angaben unter "Impressum"). Ich helfe immer gerne weiter! Ich wünsche Ihnen schöne und erfolgreiche Bergtouren.

Boris Stephan (Webmaster gipfelsuechtig.de)

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