Der Laufbacher-Eck-Weg gehört zu den schönsten und lohnendsten Höhenwegen der Allgäuer Alpen. Traumhafte Blicke auf den Allgäuer Hauptkamm und auf die Märchenberge des hinteren Oytals begleiten den Wanderer auf seinem weiten Weg nach Süden. Als Ausgangsort bietet sich das Edmund-Probst-Haus an, welches über die Nebelhornbahn bequem erreichbar ist. Mit dieser Aufstiegshilfe ist der Laufbacher-Eck-Weg auch für den eher durchschnittlich konditionierten Wanderer als Tagestour mit Rückkehr nach Oberstdorf über das Oytal zu bewältigen. Technisch weist die Begehung bei trockenen Verhältnissen keine nennenswerten Schwierigkeiten auf, allerdings erfordert die Querung der steilen Ostflanke des Rotkopfs häufig konzentriertes und trittsicheres Gehen, da sich Schneereste hier meist bis in die späten Sommermonate hinein halten. Solides Schuhwerk gehört deshalb zur absoluten Grundausrüstung für eine gefahrlose Begehung dieses Höhenweges.
Ich möchte Ihnen hier eine ganz andere, kaum durchgeführte Variante entlang des Laufbacher-Eck-Wegs vorstellen: Die Überschreitung aller Gipfel vom Großen Seekopf bis zum Rotkopf. Was Bergerfahrung und Kondition betrifft ist diese Tour jedoch mitunter recht anspruchsvoll. Zwar ist die Kletterei technisch noch eher mit I, als mit II zu bewerten, doch verlieren solche Einschätzungen schnell an Bedeutung, wenn die Kletterei, wie hier, sehr steil und ausgesetzt ist. Zudem erfordern ausgesetzte Grastritte ein Gefühl für die Zuverlässigkeit des Untergrunds. Um es kurz zu machen: bei dieser Überschreitung begibt sich jeder in Gefahr, der nicht bereits auf eine größere Anzahl anspruchsvollerer Bergfahrten zurückblicken kann. Mit anspruchsvoll ist gemeint: Kletterfertigkeit bis II, Schwindelfreiheit, Erfahrung mit Steilgras und brüchigen Schrofen, sowie Beurteilungsvermögen für das Aufsuchen der günstigsten Durchstiegsmöglichkeiten. Wer diesen Anforderungen gewachsen ist, auf den wartet eine abwechslungsreiche und reizvolle Grattour mit einer schönen Rundumsicht, welche der Laufbacher-Eck-Weg selbst so nicht bieten kann. Außerdem kann die Überschreitung an den verschiedensten Punkten abgebrochen werden, so dass man die Tour ganz individuell an die eigenen Bedürfnisse anpassen kann. Die hier beschriebenen Anforderungen gelten jedoch nur für die Überschreitung der Gipfelkämme. Fast alle Gipfel sind nämlich von zumindest einer Seite relativ leicht zugänglich, so dass diese Tourenbeschreibung auch für den geübteren Wanderer interessant sein dürfte. Auch für die leichtesten Anstiege ist ein Minimum an Trittsicherheit und Schwindelfreiheit unerlässlich, von solidem Schuhwerk (Bergschuh mit fester Profilsohle) gehe ich mal stillschweigend aus. Anfänger sollten deshalb immer in Begleitung eines Bergerfahrenen sein, der die Gefahren und Schwierigkeiten besser einschätzen kann.
Ausgangsort ist der Parkplatz der Nebelhornbahn, wobei ich Ihnen dringend empfehle, auch mit der Kabinenbahn zum Edmund-Probst-Haus hinaufzufahren. Wenn das Ihr Bergsteiger-Ehrenkodex nicht zulässt, dann können Sie es (wie ich) auf die harte Tour versuchen - über 2100 Höhenmeter aufwärts haben Sie dann bei Überschreitung aller Gipfel zu bewältigen. Hinzu kommen die vielen anstrengenden, weglosen Gehpassagen und der sehr lange Rückmarsch von der Käseralpe. Ich wollte unbedingt den Gleitweg aus dem Oytal mal kennen lernen und war im Nachhinein ziemlich erstaunt über meine Tagesleistung. Das war mehr, als ich jemals zuvor an einem Tag geschafft habe. Für den Anmarsch ins Oytal folgt man am besten dem Flussufer der Trettach entlang, bis man auf einer Brücke den Zufluss des Oybachs überquert. Kurz darauf gelangt man über eine weitere Brücke auf die andere Seite des Oybachs und folgt diesem breiten Wanderweg, bis dieser auf die Zufahrtsstraße ins Oytal trifft. Dies alles ist bestens beschildert, so dass eigentlich nichts schief gehen kann. Man kann auch gleich auf der Zufahrtsstraße in Oytal wandern. Dies erspart allerdings höchstens 10 Minuten und bietet landschaftlich wenig. Hübscher und vor allem kühler ist der Einmarsch am Oybach entlang. Das Oytalhaus erreicht man nach ungefähr einer Stunde, viel schneller geht das mit dem Bike, welches Sie unter Garantie auf dem Rückweg von der Käseralpe mit leuchtenden Augen am Oytalhaus wieder in Empfang nehmen werden.
Einige hundert Meter hinter dem Oytalhaus beginnt dann der Gleitweg zum Seealpsee. Er ist nicht markiert, aber wohl kaum zu verfehlen. Er bietet keine Schwierigkeiten, obwohl er steil am südlichen Ende der Seewände hinaufleitet. Hier und da gibt's ein Seilchen, oftmals mehr verunsichernd als hilfreich. Oben ist der Weg mit Warnschildern "Nur für Geübte" versehen, eine Vorsichtsmaßnahme, um Sandalen- und Turnschuhtouristen von diesem Abstieg fernzuhalten. Ob das einen Wert hat, möchte ich mal bezweifeln. Turnschuhe habe ich zu genüge gesehen, dafür fragte mich ein vorbildlich ausgerüstetes Ehepaar, ob ihr Hund (also kein Hündchen) dort runter kommen wird. Es ist eben immer das gleiche: Diejenigen, die es betreffen würde, ignorieren solche Hinweise und alle anderen, welche mit solchen Warnhinweisen schon ganz bestimmte Vorstellungen verbinden, werden nur unnötig verunsichert. Mit hübschen Blicken auf den Seealpsee geht es nun markiert bis zur wenig ausgeprägten Einsattelung zwischen Hüttenkopf und Zeiger. Hier leitet auch der Weg vom Edmund-Probst-Haus herauf. Man quert erneut die Südflanke des Zeigers bis man sich unterhalb des Sattels zwischen Zeiger und Großen Seekopf befindet. Man kann die weite Kehre unterhalb des Zeigers auch abkürzen, in dem man an der Stelle, an dem der Weg deutlich nach links zum Hüttenkopfrücken abbiegt, auf gut gestuftem Gras zum nur einige Meter weiter oben entlanglaufenden Weg ansteigt.
Die Besteigung des Großen Seekopfs ist nicht schwer und erfordert nur auf den ersten Metern beim Aufstieg zum Grat etwas Vorsicht und Trittsicherheit im steilen Gras, welches besonders in den Morgenstunden nass und damit rutschig sein kann. Am besten steigt man gleich nach dem ersten kleinen, etwas steileren Graskopf zum zunächst schmalen Grat auf, welcher dann schnell in einen immer breiter werdenden Grasrücken übergeht. Auf guten Tritten, vereinzelt sogar auf Trittspuren, erreicht man ohne nennenswerte Probleme die lange Gipfelschneide des Großen Seekopfs, welche nach Nordosten einige Meter steil abbricht. Vom Sattel aus sind das gerade mal gut 20 Minuten. Ein schöner Blick auf den Seealpsee mit dem steilen Seeköpfl im Hintergrund und die wohl beste Aussichtswarte auf den Hindelanger Klettersteig zwischen Nebelhorn und Großen Daumen belohnen den Besuch dieses selten bestiegenen Gipfels. Im Süden ragt der Kleine Seekopf auf, der paradoxer Weise sogar um etwa 10 Meter höher ist, als der Große Seekopf. Ein flacher Grasrücken führt von unserem Gipfel aus hinab zu einem Sattel, von dem sich der bis dahin harmlose Rücken plötzlich steil aufschwingt und dann sehr schmal, mit einigen schrofigen Graten und Aufschwüngen dazwischen, zum Gipfel des Kleinen Seekopfs hinüberleitet.
Zunächst gilt es zum Sattel abzusteigen. Von hier aus kann man dann auf Gras zum Laufbacher-Eck-Weg absteigen. Das sah zumindest mal nicht schwerer aus, als der Aufstieg zum Grat auf der Nordseite. Der Gipfel des Kleinen Seekopfs kann dann von der anderen Seite aus über den sanft geschwungenen Südrücken bestiegen werden. Dazu steigt man einfach an der Stelle, an dem der Laufbacher-Eck-Weg die Kammhöhe erreicht, nach Norden zum Gipfel empor. Das ist wirklich einfach, steilere Passagen gibt es hier nicht und das Gras ist wegen der Südlage meist schon trocken. Das kann eigentlich jeder machen.
Bergsteigerisch interessanter und abwechslungsreicher ist natürlich der direkte Übergang vom Sattel zwischen den beiden Seeköpfen aus. Er ist einfacher, als es vom Gipfel des Großen Seekopf aus den Anschein gemacht hat, trotzdem erfordert die Überschreitung des Grats Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und an einer kurzen Stelle Kletterfertigkeit bis I. Sie sollten den Übergang dennoch nicht unterschätzen. Der erste Grataufschwung ist gar nicht so wild, wie es auch vom Sattel noch den Anschein macht. Fasst man erst einmal Mut und steigt auf Grastritten dem felsigen, steilen Kopf entgegen, legt sich das Gelände immer weiter zurück und wir erreichen auf guten Erd- und Schrofentritten etwas rechts der Gratkante die Grathöhe. Die Sache ist vielleicht etwas ausgesetzt und verlangt bei Nässe Vorsicht, ist aber höchstens mit I zu bewerten. Dem etwas luftigen Grasgrat folgt man bis zu einer kleinen Scharte, umgeht den folgenden Aufschwung leicht absteigend links auf splittrigem Geröll und steigt wieder zur Grathöhe auf. Vermutlich kann der Grat auch ohne größere Schwierigkeiten überklettert werden. Es kommt die Schlüsselstelle. Ein steil aufragendes Wandl leitet hinauf zu einem wieder leicht zu begehenden Grasgrat, welcher in wenigen Metern zum Gipfeldach leitet. Ein direktes Erklettern wäre mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, allerdings kann man zu einem schmalen Felsband auf der linken Seite des Grats hinabsteigen und auf diesem dann ziemlich ausgesetzt nach links hinüberqueren (I), wo man dann auf Gras- und Schrofentritten zur Grathöhe ansteigen kann und kurz darauf die grasige Gipfelkuppe des Kleinen Seekopfs erreicht. Das ist nicht gerade harmlos, für Geübte aber gut machbar.
Unser nächstes Ziel ist der Schochen, dessen kreuzgeschmückter Gipfel nun südwestlich vor uns aufragt. Seine Überschreitung ist einfach. Auf dem sanft abfallenden Grasrücken des Kleinen Seekopfs steigen wir zum vor uns liegenden Sattel ab, wo wir auf den Laufbacher-Eck-Weg treffen. Diesem folgen wir einige Meter bis zum Beginn des Schochennordgrats, der nach Osten hin in einer senkrechten Wand abbricht. Über seine Westflanke gelangen wir, den Schrofenflächen im unteren Abschnitt ausweichend, über mäßig steiles Gras zum Grat und über diesen zum Gipfel. Bitte achten Sie darauf, dass Sie beim Aufstieg keinen Stein ins Rollen bringen, da dieser sofort Richtung Laufbacher-Eck-Weg in die Tiefe schießt. Warnen Sie die Wanderer auf dem Laufbacher-Eck-Weg lautstark, falls Sie doch versehentlich einen Stein wegtreten. Meiner Meinung nach wäre das in diesem leichten Gelände reine Unachtsamkeit und muss wirklich nicht sein. Der Schochen ist ein sehr lohnender Aussichtsgipfel. Trotzdem wird er kaum besucht, was umso mehr erstaunt, da seine Besteigung keine besonderen Anforderungen stellt. Während der Saison zählte ich maximal einen Gipfelbucheintrag pro Tag. Das ist eine geringe Ausbeute für einen kreuzgeschmückten Gipfel, an dem jedes Jahr zigtausende von Wanderern vorbeilaufen. Es führt hier eben kein offizieller Weg herauf, was wohl viele von einer Besteigung abhält.
Über den gut zu begehenden Ostgrat steigen wir auf Trittspuren bis zum Sattel vor dem Westgrat der Lachenköpfe ab, welcher dort mit einer schmalen Gratschneide ansetzt. Ich habe mir den Grat eine ganze Weile angeschaut, bevor ich dann doch die Entscheidung gefällt habe, zum Laufbacher-Eck-Weg über die etwas steilere, aber gut zu begehende Grasflanke abzusteigen. Sorge machte mir vor allem der letzte felsige, steile Aufschwung zum Westgipfel und ich hatte nun wirklich keine Lust, den ganzen Grat wieder zurückzuklettern. Sie können es aber versuchen, denn vom Westgipfel aus sah das alles gleich viel machbarer aus. Wenn Sie sich keinen Zacken aus der Krone brechen, bloß weil Sie kurzfristig vom Gratverlauf mal abweichen, dann machen Sie es wie ich. Viel einfacher ist nämlich die Besteigung des Westgipfels über den Südgrat. Zu seinem unteren Ende gelangt man bequem in wenigen Minuten auf dem Laufbacher-Eck-Weg, wo man den Weg nach links verlässt und über den unten grasigen, nach oben immer schrofiger werdenden Grat zum Gipfel empor klettert. Der obere Abschnitt verlangt Trittsicherheit und wegen des brüchigen Gesteins Vorsicht, ist aber kaum I. Geübte werden hier wenig Probleme haben. Das ganze dauert mit Abstieg vom Sattel gerade einmal 20 Minuten mit 50 Meter Höhenverlust. Das ist verschmerzbar.
Speziell an den Lachenköpfen ist jedes Lostreten von Steinen dringend zu vermeiden, da diese in den steilen Flanken in wenigen Sätzen den Laufbacher-Eck-Weg ereichen und das mit einer garantiert tödlichen Geschwindigkeit. Im Gegensatz zum Schochen ist das hier aber auch bei Aufmerksamkeit und Übung recht schnell geschehen, so auch mir. Bleiben Sie am besten stehen, wenn sich unmittelbar unter Ihnen Wanderer befinden.
Die nun folgende Überschreitung über den Hauptgipfel zum Ostgipfel der Lachenköpfe gehört zu den anspruchsvollsten Abschnitten dieser Tour. Der wohl klettertechnisch anspruchsvollste Abschnitt befindet sich gleich hinter dem Sattel zwischen Lachenkopf-Westgipfel und Hauptgipfel. Zum Sattel gelangt man recht einfach über gut gestuften Fels und Gras. Die nun folgende Gratschneide mit einer unbedeutenden Erhöhung in der Mitte wird luftig überklettert, wobei man wohl einfacher in die steile Südflanke des Gratstücks ausweicht (II). Danach geht es wieder einfacher über Gras und Schrofen den Grat entlang, wobei man unterm Gipfel noch mal kurz Hand anlegen muss. Auch botanisch Interessierte werden an diesem Übergang ihre Freude haben. Der Hauptgipfel bietet prächtige Nahblicke auf Rotkopf und Schneck, sowie den am Laufbacher-Eck endenden Saloberkamm.
Der Übergang zum steil aufragenden, etwa 20 Meter niedrigeren Ostgipfel ist zunächst leicht, die letzten Meter zum Gipfel sehen dann aber sehr abenteuerlich aus. Eine schmale, nach Norden senkrecht abbrechende Gratschneide zieht steil zum Gipfel empor. Die sehr steile, leicht schrofige Südflanke sieht ebenfalls alles andere als einladend aus. Lassen Sie sich aber auf keinen Fall dazu verleiten, die ausgesetzte Gipfelschneide südlich umgehen zu wollen. Das sieht zu Beginn machbar aus, man unterschätzt das Gelände dann aber sehr schnell. Ich habe beim Versuch wieder auf den Grat zu gelangen mich mit wenigen Tritten in eine äußerst heikle Situation manövriert. Wir müssen über den Grat hoch und der ist, so riskant ein Fehler hier auch sein mag, einfacher als es zunächst erscheinen mag. Was man nämlich zunächst nicht sieht: Auf der rechten Seite der Gratkante gibt es einige Erd- und Grastritte, über die man mit aller Vorsicht steil und ausgesetzt zum Gipfel empor klettern kann (II). Machen Sie das nur bei trockenen Verhältnissen, am besten in den Sommermonaten, wenn das Gras saftig ist und so auch mehr Halt gibt. Im Frühjahr ist das mit Sicherheit anspruchsvoller, wahrscheinlich sogar heikel.
Den gesamten Übergang vom Westgipfel zum Ostgipfel sollten Sie nur angehen, wenn Sie schwindelfrei sind, Übung mit Steilgras und brüchigen Schrofen haben und zumindest den einen oder anderen IIer schon geklettert sind. Die Schwierigkeiten liegen hier überwiegend in der Geländebeschaffenheit begründet, nicht in den klettertechnischen Anforderungen. Der Ostgipfel bietet sich mit seinem bequemen Grasdach und seiner interessanten Aussicht für eine kleine Rast an. Der Abstieg über den steilen Grasgrat zum östlich gelegenen Sattel vor dem Laufbacher Eck erfordert vorsichtiges Gehen, bietet ansonsten aber keine unangenehmen Überraschungen. Geübte Wanderer mit Trittsicherheit und Schwindelfreiheit können vom Laufbacher-Eck-Weg aus auf den Ostgipfel einen Abstecher machen. Grödeln sind nicht dringend erforderlich, aber recht angenehm.
Das nun vor uns liegende Laufbacher Eck ist der einzige Gipfel im Verlauf des gleichnamigen Höhenweges, der verhältnismäßig häufig besucht wird. Trotzdem wird er von den meisten Wanderern ignoriert. Man sollte sich den Gipfel jedoch auf keinen Fall entgehen lassen, denn er bietet eine schöne Aussicht. Auch das Laufbacher Eck kann man entlang der Gratkante überschreiten, wirklich Sinn macht diese Unternehmung allerdings kaum. Zwar bereitet der leicht zu begehende Grasgrat keine Probleme, doch kurz unter dem Gipfel trifft man wieder auf eine Kehre des Laufbacher-Eck-Wegs, über den man bis hierher wesentlich müheloser angestiegen wäre. Man verlässt den Weg deshalb erst in der obersten Kehre oder benutzt am besten gleich den vom Laufbacher-Eck-Weg abzweigenden Steig auf der Südseite. Stolz ragt im Südosten der Hochvogel hinter dem interessant gefalteten Wiedemerkopf hervor, von dem ein mächtiger Felskamm über den Kreuzkopf und Vorderen Wilden zum Großen Wilden hinüberzieht. Hübsch ist auch der Blick hinüber zur Kesselspitze, dessen pyramidenartiger Gipfelaufbau aus Hauptdolomit über einen sanft geschwungenen Grassattel mit dem Glasfelderkopf verbunden ist. Im Süden ragt hinter dem Rotkopf der Schneck hervor. Verpassen Sie nicht, auch mal einen Blick zurück auf den steilflankigen Graskopf des Lachenkopf-Ostgipfels zu werfen.
Der 3-gipflige Rotkopf ist unser letztes Gipfelziel dieser Tour. Er bricht nach Osten und Westen in teilweise senkrechten Felswänden aus rotem Hornstein und steilsten Grasflanken ab. Ich ahnte am Laufbacher Eck noch nicht, dass mir das größte Abenteuer dieser Tour noch bevorstehen sollte. Zunächst gilt es zum Sattel zwischen Laufbacher Eck und Rotkopf abzusteigen, an dem der Weg nach links wegzieht. Geradeaus leiten Trittspuren zu einem kurzen, aber recht steilen Klamml, welches man über ausreichend große Tritte und Griffe erklettert (I).
Hier traf ich auf ein Mitglied der Bergwacht, der mich fragte, wohin ich den wollte. Verdutzt antwortete ich wahrheitsgemäß: "Auf den Rotkopf". Zunächst wollte er mich komplett von der Besteigung abbringen. Er merkte dann aber wohl doch, dass ich mir meiner Sache recht sicher war und empfahl mir vom Hauptgipfel wieder zurückzukehren. Bei der Frage nach der Beschaffenheit des Südgrats, der in meinem AVF älterer Auflage mit II bewertet ist, prasselten in Folge einige Schauergeschichten auf mich ein: Er erzählte mir von einem sich hin und her biegenden, schmalen Grasgrat, der nur noch gefährlich im Reitsitz überquert werden könne und von abgerutschten Pfadspuren. Ich antwortete eingeschüchtert, dass ich am Gipfel wieder umdrehen werde, da ich mit meinen müden Beinen ein solches Abenteuer nicht mehr wagen möchte. Der Aufstieg zum Nordgipfel auf deutlichen Trittspuren erfordert in dem steilen Gras Trittsicherheit und Schwindelfreiheit, ist aber ansonsten mit keinen weiteren Schwierigkeiten verbunden.
Auch der Aufstieg zum Mittelgipfel ist kaum anspruchsvoller. Nach Westen steigen wir etwas nach Norden ausholend auf steilen Grastritten zu einem grasigen Sattel hinab und von dort über den sich oben zusammenschnürenden Grasgrat zum Mittelgipfel wieder empor. Geübten Grasgehern dürfte der Anstieg bis hier kaum Probleme bereiten, es sei aber eine klare Warnung an all diejenigen ausgesprochen, die mit Steilgras noch keine Erfahrung gesammelt haben. Sie werden wohl beim Rückblick auf den Nordgipfel ebenso überrascht sein, wie ich es gewesen bin. In einer wunderschönen roten Felswand bricht der Nordgipfel nach Süden hin ab. Steil zieht die grasige Westflanke hinunter zum Sattel, kaum vorstellbar, dass man darüber zum Sattel abgestiegen ist. Einmalig schön und beeindruckend ist der Blick hinüber zur bizarren Gipfelgestalt des Schnecks mit dem Himmelhorn an seinem südlichsten Ende. Es ist schon fantastisch, was die Natur in Millionen von Jahren erschaffen hat. Die Höfats seien nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
Der Normalfall wird jetzt sein, vom Mittelgipfel wieder über den Nordgipfel zum Sattel am Laufbacher Eck zurückzukehren. Den Übergang zum Südgipfel kann ich nur absolut schwindelfreien Grasgehern empfehlen. Klettertechnisch ist der Übergang nicht sonderlich schwer, doch sollten Sie den II-ten Grad nach Möglichkeit sicher beherrschen, um nicht zusätzlich verunsichert zu werden. Ein extrem ausgesetzter, sehr schmaler Grasgrat zieht vom Mittelgipfel in einen Sattel hinab. Die letzten Meter steigt man hier über ein paar Schrofen hinab, eigentlich nicht schwer, aber wenn es wenige Zentimeter links und rechts senkrecht in die Tiefe geht, zählen solche Bewertungen kaum noch. Vom Sattel zieht eine ganz kurze, jedoch sehr schmale Gratschneide zu einem ungefähr 5 Meter langen, fast waagrechten Gratsstück empor, welches ausgesetzter kaum sein könnte. Am leichtesten erklettert man die Gratschneide wohl nach rechts ausweichend, was über dem Abgrund aber Überwindung kostet und maximale Vorsicht gebietet. Man kann sich an der schrofigen Schneide gut festhalten, während man auf grasdurchsetzten Schrofentritten zum kurzen Gratstück aufklettert. Der Fels erschien mir überwiegend fest, trauen Sie aber besser keinem Griff und Tritt ohne zu prüfen. Oben angekommen schwingt man das linke Bein über die schmale Gratkante und robbt mit Händen und Füßen über das stellenweise sehr schmale Gratstück hinweg. Die Füße finden hier immer genügend Auflagefläche zum Weiterschieben. Es ist ein eigenartiges Gefühl, so auf ein paar Zentimeter über dem Nichts zu sitzen - schaurig schön.
Angst hatte ich in erster Linie wegen den Worten der Bergwacht: Hin und herschwankender Grasgrat. Aber dies ist ein Grat aus festen Aptychenkalken, welchen auch die Höfats ihre einmalig schönen Grate verdankt. Der Grasgrat zu der kleinen Scharte war sicherlich schmal, aber ebenfalls auf einer senkrechten Aptychenfelswand aufgebaut, da kann nichts schwanken. Der Grasgrat hinter der Felsschneide ist wiederum viel zu breit um schwanken zu können. Die Worte hörten sich so fundiert und ehrlich an, aber irgendwie meine ich nun doch, dass hier nicht ganz die Wahrheit gesprochen wurde.
Am Ende der Gratschneide muss man mit aller Vorsicht ein paar Schrofentritte hinabsteigen, dann hat man die Schwierigkeiten hinter sich. Über den wieder gut zu begehenden Grasgrat gelangt man in wenigen Schritten zum Südgipfel. Der Schneck ist nun noch mal näher gerückt. Von keinem anderen Gipfel aus bekommt man so einen fantastischen Einblick in seine wild zerfurchte Westflanke, die durch das steile Grasband der Hohen Gänge unterbrochen wird. Unbedingt sollte man noch mal einen Blick zurück auf den Mittelgipfel werfen, der etwas unterhalb der Gipfelhöhe mit schönen, roten Schichtstreifen und weiter unten in unglaublich steilen Grasflanken nach Westen abbricht. Es gibt übrigens noch einen weiteren Grund, warum der Südgipfel außerordentlich lohnend ist. Das Warum müssen Sie aber selbst herausfinden, ich möchte hier keine falschen Anreize für den Besuch dieses Gipfels schreiben. Auf jeden Fall wird es wohl damit zu tun haben, warum der Grasgrat schwankt und Trittspuren abgerutscht sind. Man will hier (aus teilweise verständlichen Gründen) niemanden haben, der die Natur nicht liebt. Das muss als Andeutung reichen!
Der Abstieg zum Schnecksattel über den nach Süden ziehenden, flachen Grasgrat ist leicht. Er erfordert zwar etwas Trittsicherheit und Schwindelfreiheit, aber es gibt keine einzige Kletterstelle. Die Angabe II in meinem AVF wird sich wohl auf den Übergang zum Mittelgipfel beziehen. Wir verlassen den Sattel an der tiefsten Stelle nach links und steigen zunächst auf geröllbedeckten Schrofen entlang der Felsen, später über eine zum zügigen Abfahren ungeeignete kleine Schotterhalde zu einem unmarkierten, aber ausgetretenen Steig ab, welcher nach einigen Minuten auf den Laufbacher-Eck-Weg trifft. Am besten benutzt man weiter unten die spärlichen, mit vielen Disteln bewachsenen Graszungen, welche besseren Halt geben. Der Abstieg vom Schnecksattel erfordert im oberen Teil Vorsicht und auf den ersten Metern unterhalb der Grathöhe auch etwas Kletterfertigkeit (I), ist aber für Geübte leicht. Diese Route kann auch als alternativer Anstieg für einen Abstecher auf den Südgipfel des Rotkopfs in Betracht gezogen werden, wenn man sich den ausgesetzten Grat vom Mittelgipfel aus nicht zutraut.
Der nun folgende letzte Abschnitt dieser Tour ist lang und zäh, alle Schwierigkeiten liegen nun aber hinter uns. Wir steigen auf markiertem Steig zum Himmelecksattel empor (hier nicht versehentlich die Abzweigung Richtung Prinz-Luitpold-Haus nehmen), wo man zum ersten Mal die Südostflanke des Himmelhorns bestaunen kann. Je weiter man Richtung Mitteleck absteigt, umso einzigartiger ragt dieser südöstliche Ausläufer des Schnecks in den Himmel. Wenn die Sonne schon tief steht kommen die zahlreichen Runsen und Grate wundervoll zur Geltung. Ich konnte mich kaum von diesem Anblick lösen. An den Wildenfeldhütten muss man kurz aufpassen, dass man auch den steilen Fahrweg Richtung Käseralpe erwischt. Die bewirtete Käseralpe sollte man auf alle Fälle für eine Rast nutzen, denn bis nach Oberstdorf sind es bei flotter Gehweise noch knapp 2 Stunden. Der erste Teil bis zum Oytalhaus gestaltet sich landschaftlich noch sehr abwechslungsreich. Hier sollte man sich auch immer wieder umdrehen, denn die Gipfel der Wilden- und Krottenspitzgruppe sind besonders in der Abendsonne sehr stimmungsvoll. Der Rückweg ab dem Oytalhaus ist dann ein sich ewig hinziehender Asphalthatscher. Kurz nach der Brücke über den Oybach kann man wählen, ob man lieber am Bach entlang nach Oberstdorf zurückkehren möchte oder auf der Zufahrtsstraße bleibt. Kühler ist's am Bach entlang. |