Von der Höfats zweigt nach Nordwesten ein kleiner Gebirgszug ab, der als Höfatsvorgebirge bezeichnet wird. In ihm befinden sich mehrere, meist unbekanntere Gipfel bis 2000 Meter Höhe, welche zum großen Teil nicht durch Wegeanlagen erschlossen sind. Der bekannteste Gipfel unter ihnen ist der Hahnenkopf, unserem letzten Gipfelziel dieser Tour. Er ist sowohl vom Oytal aus, als auch vom Dietersbachtal auf guter Steiganlage unschwierig erreichbar und wird dementsprechend auch etwas häufiger besucht. Alle anderen Gipfel werden wenig bis kaum bestiegen. Zentraler und höchster Punkt dieser Tour ist der Hintere Rieffenkopf, der mit seinen 1740m Höhe wirklich nicht gerade als hoch bezeichnet werden kann, aber für den Liebhaber der Oberstdorfer Gipfelwelt eine aufschlussreiche und umfassende Aussicht bietet. Die geringe Gipfelhöhe bietet jedoch den Vorteil, dass diese Tour bereits Mitte bis Ende Mai durchgeführt werden kann, sofern nicht besonders ungünstige Verhältnisse vorliegen. Südlich und nordwestlich des Hinteren Rieffenkopfs schließen sich zwei weitere kleine Gipfelchen an, der Älpeleskopf und der Vordere Rieffenkopf. Beide sind als Aussichtsberge kaum lohnend, doch bieten sie uns die Gelegenheit, den etwas langweiligen Anstieg von Gerstruben aus zu vermeiden. Wer die Einsamkeit liebt und Freude an Flora und Fauna hat, dem wird diese Tour Spaß machen.
Sie sollten diese Tour jedoch nur angehen, wenn Sie bereits etwas Übung bei der Orientierung im weglosen Gelände besitzen und mühsamere Anstiege nicht scheuen. Die Tour ist leicht, wenn man sich an die beschriebene Routenführung hält. Bei Nichteinhaltung der Route gelangt man jedoch schnell in äußerst unangenehmes bis heikles Steilgras- und Schrofengelände, so wie es mir widerfahren ist. Ich rate deshalb all jenen von der beschriebenen Aufstiegsroute ab, die hinsichtlich der genannten Anforderungen noch keinerlei Erfahrung gesammelt haben. Dies ist kein Sonntagsspaziergang! Bei Nässe sollte die Durchführung der Tour tabu sein, das gleiche gilt bei Schnee auf der Nordseite des Vorderen Rieffenkopfs, in der sich die Aufstiegsroute befindet. Die Schneeverhältnisse im Frühjahr können für diese Tour hervorragend über die Oberstdorfer Webcams beobachtet werden (siehe meine Link-Seite).
Ein günstiger Ausgangsort für diese Tour ist der Parkplatz der Nebelhornbahn, bei dem man aber kräftig zur Kasse gebeten wird. Wer kostenlos parken will soll mich anmailen. Vom Parkplatz aus geht es zunächst an der rechten Seite der Trettach entlang, bis eine Brücke auf die andere Seite quert. Wer will, kann auch gleich auf der linken Seite entlanglaufen. Von hier folgt man immer den Hinweisschildern in Richtung Oytal, da kann man eigentlich nicht viel falsch machen. Nehmen Sie nicht vom Parkplatz aus die weiter östlich verlaufende Straße ins Oytal, der hier beschriebene Weg ist schöner und kaum länger. Der Weg führt nun immer am Oybach unter Schatten spendenden Laubbäumen entlang, deren Blätter in der Morgensonne herrlich leuchten, bis dieser auf die erwähnte Fahrstraße trifft. Die Straße überquert nach kurzer Zeit den Oybach und man gelangt schließlich zu einem großen Kreuz am rechten Straßenrand, dem Ausgangspunkt für unseren Aufstieg zum Vorderen Rieffenkopf.
Der Vordere Rieffenkopf bildet den westlichen Abschluss des Höfatsvorgebirges und ist nur ein paar Meter höher, als die Einsattelung zwischen ihm und dem Hinteren Rieffenkopf, der sich auf der anderen Seite des Sattels anschließt. Der Sattel ist bis zum Gipfel des Vorderen Rieffenkopfes bewaldet, doch schließt sich unmittelbar unterhalb des Sattels ein unbewaldetes Wiesenkar an, das so genannte Plattners Gündle. Das Wort Kar ist vielleicht etwas vermessen, denn eigentlich handelt es sich hier eher um einen steilen Fleckenmergelhang, der nur im untersten Teil flacher als 30° ist. Schon von hier unten aus kann man eine ausgeprägte Erosionsfurche in der Mitte des Wiesenhanges erkennen, auf deren rechten Seite wir zum Sattel ansteigen.
Wenn wir uns das eingeprägt haben, kann es losgehen. Wir folgen einer Fahrspur im Gras südwärts und gelangen nach wenigen Minuten zu einer Holzhütte. Wir lassen sie rechts liegen und folgen weiter der Fahrspur, bei der man sich fragt, wie hier noch irgendetwas mit Rädern hinauf kommen kann. Die Spur endet kurz darauf. Vor uns bäumt sich ein steiler Felsabbruch auf, den wir links herum umgehen müssen. Wir wenden uns also nach links und steigen in einer Geländevertiefung auf losen Steinen, von denen einige eine leicht rötliche Farbe aufweisen, so weit an, bis auf der linken Seite ein paar Erdtritte zur linken Begrenzung empor leiten. Ab hier existiert eine schmale Pfadspur, die manchmal etwas undeutlich bis zum unteren Ende des Plattners Gündle hinaufführt. Mit etwas Umsicht dürfte diese eigentlich nicht zu verfehlen sein.
Von hier aus bot sich uns eine herrliche Möglichkeit für die Beobachtung von fast zwei Dutzend Gämsen, die hier abseits aller markierten Wege ein ungestörtes Leben verbringen können. Wir halten uns am rechten Karrand und erreichen nach wenigen Minuten eine Alpe, die dem Kar seinen Namen gab. Von hier aus steigen wir etwas mühsam, zunächst links des Waldrandes den Hang hinauf. Das Kar ist viel steiler, als es von unten den Eindruck erweckt hat.
Überqueren Sie nicht die Erosionsfurche! Wir haben gemeint, auf der linken Karseite eine Trittspur im Zick-Zack-Kurs hinaufführen zu sehen und sind auf die andere Seite des Kars gequert. Die vermeintliche Spur stellte sich als Fata Morgana heraus, trotzdem wechselten wir nicht wieder zurück auf die andere Seite, was sich als folgenschwerer Fehler erwies. Der Hang wurde stetig steiler und bot immer weniger Halt. Schließlich standen wir vor einigen schrofendurchsetzten Grasstufen, die wir meinten, in ein paar Minuten durchstiegen zu haben. Wir hingen hier über eine Stunde drin und es hagelte losgetretene Steine ohne Ende. Ein faustgroßer Stein verfehlte meinen Kopf um Haaresbreite, meine Teleskopstöcke konnte ich in dem steilen Gelände nicht mehr verstauen und sichere Tritte gab es hier eigentlich nirgends mehr. Als wir endlich oben waren stellte sich heraus, dass wir uns etwa 200m zu weit östlich des Sattels befanden und dadurch 60m zuviel aufgestiegen waren, was in diesem Gelände eine Menge ist. Bleiben Sie also auf der rechten Seite.
Der Fleckenmergelhang führt hier bis unterhalb des bewaldeten Sattels heran, wo er sich noch mal etwas steiler aufschwingt. Durch die Bäume führt eine Trittspur hinauf zum Sattel. Auch bei diesem Anstieg wird Trittsicherheit erforderlich sein, doch ist dieser Anstieg unserer Variante unbedingt vorzuziehen. Vom Sattel aus geht es durch Bäume und Wiesen immer auf dem Rücken zum Gipfel des Vorderen Rieffenkopfs, dessen Unberührtheit durch eine Feuerstelle und einer Plastikplane etwas unschön entweiht wurde. Wenigstens die Plastikplane, die wohl als Zelt gedient hatte, hätte man wieder mit runter nehmen können.
Der Vordere Rieffenkopf ist wegen der Sicht versperrenden Bäume und dem deutlich höheren Hinteren Rieffenkopf nicht gerade als toller Aussichtsberg zu bezeichnen, ein ruhiges und romantisches Plätzchen ist er dennoch. Wer an einem heißen Sommertag seine Ruhe abseits aller Zivilisation sucht, der findet hier ein Schatten spendendes Plätzchen mit Blick auf Oberstdorf und einen südwärts gerichteten Wiesenhang, der zum Sonnen bestens geeignet ist. Ab Anfang Juni wird er sich bestimmt in ein Blumenmeer verwandeln.
Unser nächstes Gipfelchen ist der Älpelekopf. Dazu steigen wir wieder zum Sattel ab und steigen jenseits wieder empor, wo sich der Rücken auch gleich zu einer kurzen Steilstufe aufschwingt. Diese erfordert wegen des erdigen Untergrunds Trittsicherheit und Gewandtheit beim Übersteigen einiger umgestürzter Bäume, doch stellt dieser Abschnitt kein unüberwindbares Hindernis dar. Kurz bevor der Rücken am Westgrat des Hinteren Rieffenkopfs endet zweigt nach rechts eine deutliche und eigentlich nicht zu verfehlende, schmale Pfadspur ab. Sie leitet in genussvoller Wanderung zum breiten Rücken des Älpelekopfs, auf dem man südwärts fast eben den Gipfel gewinnt. Hier lohnt es sich noch ein paar Meter bis zu einer Felskante abzusteigen, an der der Südgrat senkrecht ins Trettachtal abfällt. Von hier aus hat man einen schönen Blick auf die Westwand der Höfats und auf die umrahmenden Berge des Trettachtals. Die Flora dieses Berges wird im AV mit "herrlich" erwähnt, bei meiner Begehung war es jedoch noch ein wenig zu früh im Jahr.
Für unseren Weitermarsch kehren wir zu der Stelle zurück, an der wir den breiten Rücken des Älpelekopfs vom Vorderen Rieffenkopf aus erreicht haben. Hier unterlief uns ein kleiner Fehler bei der Wahl der richtigen Pfadspur. Eigentlich sollte der Pfad nun den Hang fast ohne Höhenverlust queren und dann auf den Normalweg von Gerstruben treffen, auf dem man dann zum Sattel zwischen Hahnenkopf und Hinteren Rieffenkopf ansteigt. Aus mir unerklärlichen Gründen verfehlten wir diesen Pfad und stiegen auf einer Trittspur weiter an den Gipfelaufbau des Hinteren Rieffenkopfs heran, die dann weiter oben ebenfalls den Hang quert. Mir fiel hier gleich auf, dass etwas nicht stimmt, da wir eindeutig an Höhe gewonnen haben, was nach der AV-Karte nicht sein dürfte. Unser Patzer erwies sich aber als harmlos und wer es gerne ausgefallener mag, der kann einfach der hier beschriebenen Trittspur folgen. Wenn sie also an Höhe gewinnen und auf niedergetretenem Gras gehen, dann sind Sie auf der von uns gegangenen Route. Wir folgen der Trittspur immer den Hang entlang, bis sie immer undeutlicher wird und schließlich sich vor sperrenden Latschen in Wohlgefallen auflöst. Von hieraus steigen wir nach links mäßig steil durch Latschen in wenigen Minuten zu einer ausgeprägten Pfadspur auf dem Rücken auf. Auf keinen Fall sollten Sie versuchen, schon zuvor von der Trittspur aus den greifbar nahen Gipfel anzugehen. Unterhalb des Gipfels befindet sich Felsabbrüche!
Der Pfadspur folgen wir nun weiter nach Westen. Sie umgeht zunächst ein mit Latschen zugewachsenes Gratstück nordseitig und hält dann auf den vor uns sich aufbäumenden Vorkopf des Hinteren Rieffenkopfes (Üf dr Platte) zu. Man kann ihn besteigen, doch viel Sinn macht das angesichts des etwas höheren Hauptgipfels kaum. Kurz nach der erwähnten Umgehung des Gratstücks hat man die Wahl, ob man die rechte Abzweigung wählt oder die etwas schmälere Pfadspur hinter einer dicken Latschenwurzel nimmt, beide treffen wieder zusammen. Bei der nächsten dicken Wurzel auf der linken Seite sollten Sie aber unbedingt die zunächst nur schwach erkennbare Pfadspur hinter dieser nehmen, sonst steigen Sie zum Vorkopf auf. Die Pfadspur umgeht den Vorkopf und man gelangt schließlich in den Sattel zwischen Vorkopf und Hauptgipfel.
Jetzt wird es noch mal ein klein wenig anspruchsvoller. Auf einer schmalen Trittspur umgeht man eine Felskante (nicht schon vor dieser durch die mit Latschen versperrte kurze Rinne hinaufklettern) und man erreicht direkt hinter der Kante eine kurze Rinne, über die man zunächst links ausholend über eine grob geschotterte Rampe, dann über eine kurze Kletterstelle (I) an festen Griffen den Gipfel gewinnt. Ein paar Meter weiter westlich steht ein schönes Kreuz mit Buch, in dem man selten mehr als 2 Einträge pro Tag vorfindet. Wer immer sich gewundert hat, warum ich immer "Rieffenkopf" und nicht "Riffenkopf" geschrieben habe, auf der ersten Seite des Gipfelbuchs gibt es ein paar Bemerkungen zur Namenkunde. Die Aussicht ist für einen Berg mit so niedriger Gipfelhöhe recht eindrucksvoll. Von hier oben sieht man wirklich fast alle Oberstdorfer Gipfel. Das habe ich so nicht erwartet.
Nach ausgiebiger Rast können wir noch dem Hahnenkopf einen Besuch abstatten. Er ist von der Aussicht weniger lohnend als der Hintere Rieffenkopf, wird aber wegen der einfachen Erreichbarkeit viel öfters bestiegen. Dafür gibt es da oben Kreuzottern. Keine Angst, sie haben sich mit den Wanderern arrangiert und tun keinem was zu leide, solange man sie in Ruhe lässt. Genau auf der Anstiegsroute steigen wir wieder ab (achten sie unterhalb der Rinne vom Gipfel darauf, dass sie nicht versehentlich weiter absteigen, sondern gleich der Trittspur um die Felskante herum folgen) und erreichen schließlich wieder die Stelle, an der wir auf den Grat gestiegen sind. Von hieraus sind es nur wenige Höhenmeter bis zum Sattel zwischen Hinteren Rieffenkopf und Hahnenkopf. Ein markierter Steig umgeht den Hahnenkopf in seiner Südwestflanke (trotzdem kann hier im Frühjahr noch Schnee liegen) und gewinnt den Gipfel schließlich von Süden her.
Ich überlegte noch, ob wir auch noch einen Abstecher auf den Wannenkopf machen sollten, doch der Weg dorthin ist wegen Latschen sicherlich mühsam und der Abstieg danach ungewiss. Die Hitze machte uns allen mächtig zu schaffen und als wir dann erfuhren, dass das Wirtshaus in Gerstruben auch noch geschlossen hat, war die Entscheidung gefallen: Wir stiegen ab zum Oytalhaus. Wer schon zur frühen Jahreszeit unterwegs ist, muss nun mit nassen Füßen rechnen, sofern er keine Gamaschen dabei hat. Der markierte Steig über die Obere und Untere Lugenalp hinab ins Oytal kann Mitte Frühjahr noch unter einer geschlossenen Schneedecke vergraben sein. Wer sich die Orientierung hier nicht zutraut, sollte besser nach Gerstruben absteigen. Anfang Juni wird hier wohl das meiste weggetaut sein.
Besonders genau beschreiben möchte ich den Weg ab hier eigentlich nicht mehr, es gibt schließlich genügend Markierungspunkte (sofern der Schnee abgeschmolzen ist). Wer im Schnee absteigt sollte unbedingt darauf achten, dass man nicht durch den in der Mitte des Kars V-förmig auserodierten Wasserlauf absteigt, sondern nach rechts auf eine schwach ausgeprägte Schulter zuhält, hinter der sich dann auch gleich die Obere Lugenalpe befindet. Etwa 150 Höhenmeter oberhalb des Oytals nimmt man den links abzweigenden Steig, der genau gegenüber dem Oytalhaus ins Tal trifft. Vom Oytalhaus wandert man auf dem Asphaltsträßchen ca. 1km bis zum Kreuz unterhalb des Vorderen Rieffenkopfes und gelangt dann auf bekannten Weg zurück zum Auto. |