Auf Schreierkopf und Bretterkarspitze

Diese Tour benutzt einen wenig begangenen, aber markierten Pfad, der vom hinteren Teil des Hornbachtals über die Schöneckerscharte zur Hermann-von-Barth-Hütte führt. Für einen Hüttenaufstieg wäre das allerdings viel zu weit und die für den normalen Bergwanderer erreichbaren Berge rings um die Schöneckerscharte tragen keine bekannten Namen. So wird es Ihnen bei Durchführung dieser Tour wohl ähnlich ergehen wie mir: Sie treffen keine Menschenseele. Zu Unrecht, denn diese Tour ist landschaftlich außerordentlich schön. Ziel dieser Tour sind zwei Berge mit eher bescheidener Gipfelhöhe. Die Besteigung des Schreierkopfes (2198m) ist einfach, während die Bretterkarspitze (2267m) nur etwas für sehr gut konditionierte und erfahrenere Bergsteiger ist. Sie ist klettertechnisch noch mit I zu bewerten, der weglose und kräftezehrende An- und Abstieg fordert jedoch einiges an Trittsicherheit und Orientierungssinn. Die alleinige Besteigung des Schreierkopfes ist jedoch auch für sich allein sehr lohnend und ist für einen eher normal Konditionierten als Tagestour durchaus ausreichend. Nur auf eine Fernsicht Richtung Süden muss man verzichten: Die anderen Gipfel der Hornbachkette überragen unsere zwei Gipfel um mehrere hundert Meter. Dafür ist der Blick auf die umliegenden Allgäuer Gipfel umso schöner.

Wir parken das Auto auf dem kleinen Parkplatz am Ortsende von Hinterhornbach, kurz vor der Brücke über den Jochbach. Der Blick in die Tiefe von dieser Brücke ist recht beeindruckend und erinnerte mich spontan an die Marienbrücke bei Schloss Neuschwanstein. Wir halten uns links und gelangen nach einigen Minuten, noch asphaltiert, an eine Brücke über den Hornbach. Wir können nun entweder diese überqueren und recht zügig auf einem breiten Schotterweg das Hornbachtal hinaufwandern, oder, etwas hübscher, den Weg nach rechts auf unserer Seite folgen. Dieser wird am Ende zum schmalen Pfad und wir erreichen nach ca. 40 Minuten eine kleine Brücke, auf der wir nun endgültig auf die andere Seite queren. Hier treffen wir links auf den zuvor erwähnten Schotterweg und nehmen die rechte Abzweigung (falls Sie den Schotterweg benutzt haben nicht die Brücke queren!). Hier steht auch ein Schild Richtung Schöneckerscharte. Nun beginnt ein sehr anstrengender Anstieg im Wald auf schmalen Pfad, der besonders bei Nässe in Abstiegsrichtung unangenehm werden kann. Ein wenig Vorsicht ist bei der Passierung einer senkrechten Felswand geboten, die jedoch mit einem Drahtseil gesichert ist. Schließlich gelangen wir nach Austritt aus dem Wald an einen Wiesenhang.

Die aussichtsreiche Querung dieses Wiesenhanges ist nicht nur der schönste Teil dieser Tour, sondern wohl auch eines der landschaftlich reizvollsten markierten Aufstiege im gesamten Allgäuer Raum. Besonders Blumenfreunde kommen hier voll auf ihre Kosten. Der oftmals nur fußbreite Pfad ist im hohen Gras kaum zu erkennen und ist daher mit rot markierten Holzpflöcken gekennzeichnet. Je weiter sich unser Pfad um den Schreierkopf herum nach Süden wendet, umso herrlicher wird der Blick auf die umliegenden Allgäuer Gipfel. Im Norden schaut über dem Rücken des Kanzbergs bereits der Hochvogel heraus. Im Westen begrenzt der bis oben begrünte Kamm von Kreuz- und Rauheck das Blickfeld, links gefolgt von Krotten- und Öfnerspitze, von wo aus sich der mächtige Seitenast der Hornbachkette vom Allgäuer Hauptkamm abtrennt. Besonders imposant ist der Blick auf Ilfen- und Plattenspitzen, welche oben mit viel Schutt und Geröll, dann in steilen, gras- und latschendurchsetzten Schrofen ins Hornbachtal abfallen. Wir queren mit der nötigen Konzentration den Wiesenhang bis unser Pfad wieder breiter und einfacher wird und leicht nach rechts zur Schöneckerscharte hinüberzieht. Der Pfad bietet bis hierher so seine Tücken und es sei jedem angeraten zum Schauen stehen zu bleiben.

Nach der Durchquerung eines Blockfeldes verlassen wir den Pfad und steigen zu linker Hand auf einer schwach erkennbaren Pfadspur zur Kreuzkarscharte auf. Der Aufstieg ist auch ohne das Auffinden der Pfadspur problemlos. Hat man die Scharte erreicht, sind es nur wenige Minuten auf den Gipfel des Schreierkopfes. Diesen erreicht man über den nach Norden ziehenden grasigen Rücken. Vom Gipfel des Schreierkopfes hat man eine tolle Aussicht auf den Hochvogel, der Hochfläche des Großen Wilden und den nahen Gipfeln der Hornbachkette.

Besonders interessiert uns jedoch die von hieraus unbezwingbar anmutende Bretterkarspitze über dem Kreuzkarsee, welche mit steilen Wänden und Grasterrassen ins Hornbachtal abbricht. In der Tat ist dieser Berg kein Spaziergang. Zwar ist der Aufstieg bei weitem nicht so steil, wie es von hier aus erscheinen mag, doch sollten Sie sich diese Tour nur zutrauen, wenn Sie bereits über etwas Klettererfahrung (I) und Orientierungssinn im weglosen Gelände verfügen.

Zudem erfordert das Gehen auf den vielfach steilen, geröllbedeckten Grasterrassen und Schrofen sicheren Tritt und viel Kraft und Kondition. Zudem sollten Sie noch mindestens 7 Stunden bis zum Einbruch der Dunkelheit Zeit haben. Wichtig ist, dass Sie die Route schon jetzt am Gipfel des Schreierkopfes nachvollziehen. Bei den Fotos habe ich auf einem Bild vom Schreierkopf aus die Aufstiegsroute eingezeichnet (ohne Gewähr).

In dem hervorragenden Bergbuch "Allgäuer Alpen neu entdeckt" von Günther Laudahn, aus welchem ich diese Tour entnommen habe, hat sich übrigens ein Fehler eingeschlichen, welcher bei näherem Kartenstudium jedoch sehr verwirrend sein kann. Grund dafür ist eine fehlerhafte Lokalisierung des Bretterkarspitzengipfels. Wie man auf der AV-Karte klar erkennen kann, ist die Bretterkarspitze die letzte (und niedrigste) Erhebung eines vom Hauptkamm der Hornbachkette nach Norden ziehenden Seitenasts. Herr Laudahn gibt jedoch die südlichste, in der AV-Karte mit 2324m eingetragene Erhebung als Gipfelhöhe an, welche man über die Bretterscharte erreichen soll. Seine Kartenskizze weist den gleichen Fehler auf. Völlig korrekt ist hingegen seine Anstiegsbeschreibung: Sie leitet auf den richtigen, in der AV-Karte mit 2264m angegebenen Gipfel. Mir ist dieser Fehler erst bei der Aufarbeitung dieser Tour aufgefallen, allerdings hegte ich hier starke Zweifel, ob ich etwa auf dem falschen Gipfel gestanden habe. Ich schrieb Herrn Laudahn (damals 81 Jahre alt) einen Brief und bittete Ihn um Klärung und er antwortete mir in unglaublichen 3 Tagen einschließlich Postweg. Er schrieb mir, dass er auf der Bretterkarspitze zum ersten Mal mit 67 Jahren stand. Respekt! Es klärte sich, dass die nördlichste Graterhebung der Gipfel der Bretterkarspitze ist.

Zunächst müssen wir zur Kreuzkarscharte zurück, steigen dann auf einer von dort erkennbaren Pfadspur am Grashang des Schreierkopfes entlang ab und wenden uns dann dem Graskopf hinter dem Kreuzkarsee zu. Bis hierher ohne Probleme. Es erscheint angenehmer den Graskopf rechts herum über das Geröllfeld zu umgehen. Meiner Erfahrung nach ist die Umgehung links herum über den steilen, schrofigen Grashang schneller. Man erspart sich so einen Großteil des unangenehmen Geröllfeldes ein, muss dabei allerdings in Kauf nehmen, dass die Querung des Hanges, wie später auch das Queren der Grasterrassen beim Aufstieg zur Bretterkarspitze, Kraft kostet. Nun steuert man die drei von rechts nach links ansteigenden, begrünten Schrofenstufen vor dem Wandabbruch an, auf denen man vom Schreierkopf schon Pfadspuren erkennen konnte. Der Weg bis hierhin ist länger als man vom Schreierkopf aus vermuten würde. Nach der Querung der letzten terrassenartigen Stufe steigt man in die breite Rinne ab (das ist weniger und leichter als es vom Schreierkopf aus aussieht) und erreicht in leichter, jedoch Vorsicht gebietender Schrofenkletterei den nächsten Grasabsatz. Von hier aus erreichen wir, die steilen Felswände zu unserer Rechten, zunächst auf dem Grasabsatz, später über Bänder und Geröll, immer nach Norden querend den Grashang unterhalb der Scharte zwischen Bretterkarspitze und nächstem Gratkopf und schließlich von dort aus über die Scharte den Gipfel der Bretterkarspitze. Die letzten Meter sind wieder recht angenehm zu gehen. Sehr hilfreich sind einzelne Steinmänner zur Orientierung (wir haben auf dem Rückweg ein paar dazugebaut).

Der Blick vom Gipfel der Bretterkarspitze auf die schwindelerregenden Wandabbrüche von Noppenspitze, Sattelkarspitze, Wolekleskarspitze und Kreuzkarspitze ist noch mal wesentlich eindrucksvoller als vom Schreierkopf. Auf gleicher Route steigen wir wieder ins Kreuzkar ab. Besonders in Abstiegsrichtung ist erhöhte Vorsicht geboten und Trittsicherheit sehr wichtig. Man merkt schon recht deutlich wie die müden Beine unsicherer werden. Wenn man im Kreuzkar wieder auf die Bretterkarspitze zurückschaut, hält man es kaum für möglich, so verhältnismäßig leicht heraufgekommen zu sein. Und es wird einem jetzt klar, dass es bis ins Tal noch ein gutes Stück zu gehen ist. Leider kann man beim Abstieg kaum Tempo machen. Nur von der Kreuzkarscharte aus kann man stellenweise auf rechter Seite im Geröll zügiger abfahren. Auch den nächsten Abschnitt kann man noch recht schnell hinter sich lassen, das war's dann allerdings. Der Wiesenhang und der steile, oft glitschige Steig ins Hornbachtal kostet Kraft und Konzentration. Gerne nimmt man nun den breiten Schotterweg nach Hinterhornbach. Mein alpiner Bedarf war für diesen Tag zumindest mehr als befriedigt.

Karte

Höhenprofil mit Gehzeiten (ohne Pausen)

Lieber Bergfreund,

bei den auf gipfelsuechtig.de vorgestellten Tourenvorschlägen handelt es sich um außergewöhnlich schöne und spannende Bergfahrten, welche aber mitunter in ihrer Gesamtanforderung als recht anspruchsvoll eingestuft werden müssen. Für eine gefahrlose Nachbegehung sind neben Unternehmungslust und guter Ausrüstung vor allem zwei Dinge von großer Wichtigkeit: Vernunft und alpine Erfahrung. Die jährlich steigende Anzahl teils tödlicher Bergunfälle zeigt, dass viele Bergbegeisterte sich in Ihrem Unternehmungsdrang überschätzen oder dem alpinem Gelände nicht den nötigen Respekt zollen. Besonders erschreckend ist bei näherer Betrachtung, dass es sich hierbei noch nicht einmal immer um besonders anspruchsvolle Touren handelt.

Meine dringende Bitte an Sie ist deshalb: Überprüfen Sie kritisch Ihre Bergerfahrung und lassen Sie bei Auswahl und Durchführung der Touren Vernunft walten. Nicht die schwierigste Tour ist die schönste, sondern jene, welche an Ihre individuelle Bergerfahrung angepasst ist. Es wäre für mich als Autor dieser Seite furchtbar, wenn Ihnen aufgrund meiner Tourenvorschläge etwas zustoßen sollte.

Die Bewertung der Schwierigkeiten auf meiner Seite erfolgt in der Regel sachlich und eher streng, was erfahrenen Gehern die korrekte Einordnung der Anforderungen erleichtern soll. Berücksichtigen Sie bitte, dass sich auch meine leichteren Touren teilweise in alpinerem Gelände mit allen damit verbundenen Risiken bewegen. Eine genauere Einordnung der von mir bei der Tourenbewertung verwendeten Schwierigkeitsskala finden Sie unter "Verschiedenes -> Bewertungen".

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Boris Stephan (Webmaster gipfelsuechtig.de)

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