Über den Sorgschrofen

Der Sorgschrofen ist ein eher niedriger, aber markanter Vorgebirgsgipfel bei Jungholz. Der freistehende Berg gefällt durch seine steilen, fast bis zur Kammhöhe bewaldeten Flanken, über denen ein interessant gebildeter Grat den deutschen Zinken mit dem österreichischen Hauptgipfel verbindet. Die beiden wenig ausgeprägten Gipfel sind seit jeher durch markierte Steiganlagen erschlossen. Trotzdem findet man in der Bergliteratur wenig über sie geschrieben. Der Gratübergang vom Zinken zum Hautgipfel war hingegen lange weglos und blieb wegen einiger steiler Erdtritte und einem kurzen Steilaufschwung zum Hauptgipfel dem geübteren Bergsteiger vorbehalten. Zu Beginn des neuen Jahrtausends wurde aber auch der Gipfelgrat erschlossen und die kurze Kletterei zum Hauptgipfel ist nun, ähnlich dem Aufschwung zum Zinkengipfel, durch ein durchlaufendes Drahtseil entschärft. Wer ausreichend trittsicher und schwindelfrei ist und Spaß an einigen hübschen Kraxeleinlagen hat, der wird an dieser hübschen, bequem auch als Halbtagestour durchführbaren Überschreitung seine Freude haben. Eine abwechslungsreichere Vorgebirgstour auf gesicherten Steiganlagen wird man bei vergleichbarer Tagesleistung kaum finden.

Als Ausgangsort bietet sich Unterjoch zwischen Jungholz und Oberjoch an. Am Ortseingang sowie weiter hinten im Dorf existieren zwei offizielle Parkplätze mit nicht gerade unerheblichen Gebühren. Bei meiner Begehung im Mai 2004 war noch nicht einmal das Einlösen eines Tagestickets möglich, was ich bei einem Wanderparkplatz eigentlich fast schon unverschämt finde. Ich bat deshalb an einem Gasthof in der Nähe des vorderen Parkplatzes höflich um Parkerlaubnis auf dem hauseigenen Parkplatz, wurde dann aber zunächst nicht besonders herzlich auf den offiziellen "Besucherparkplatz" hingewiesen. Mit der indirekten Verpflichtung zu einer Einkehr (als wenn das bei etwas mehr Gastfreundschaft nicht selbstverständlich gewesen wäre) ließ man mich dann mit scheinbar großem Zugeständnis doch noch "frei" parken. Mein Auto war übrigens das einzige, welches bei meiner Rückkehr auf dem hauseigenen Parkplatz stand. Es gibt jedoch einen Geheimtipp: Auf der Höhe des Unterjocher Tennisplatzes zweigt ein Sträßchen auf der anderen (also der West-)Seite der B 310 ab. Gleich linkerhand befindet sich ein Parkplatz (wohl privater Natur), wo ein Kässchen steht, in welches 50 Cent einzulegen sind - pro Tag, wohlgemerkt! Dieser Parkplatz ist nur unwesentlich weiter von der Unterjocher Kirche entfernt als der "offizielle" an der anderen Unterjocher Zufahrtsstraße. Mein herzlicher Dank geht an Sonja Schemenauer für diesen geldbeutel-schonenden Hinweis.

Vom Parkplatz folgen wir der Straße ortseinwärts bis zur Kirche. Hier muss man kurz etwas Obacht geben. Unterhalb der Kirche leitet eine asphaltierte Forststraße mit der Ausschilderung "Zinken" nach links in die Nordwestflanke des Sorgschrofens. In Wirklichkeit steuert dieser Anstieg jedoch zuerst den nordöstlich gelegenen Hauptgipfel an. Die Route ist in umgekehrter Richtung landschaftlich reizvoller und auch einfacher, da man den Steilaufschwung unterhalb des Hauptgipfels dann im Aufstieg bezwingen kann. Wir wandern also besser rechts an der Kirche vorbei und erreichen eine für den öffentlichen Verkehr gesperrten Straße, auf der wir von nun an Richtung Osten, mit hübschen Blicken ins Tannheimer Tal, zu den Zehrerhöfen wandern. Auf rechter Seite gibt es zweimal eine Abzweigung, welche wir beide Male ignorieren. Zwei Wegweiser Richtung "Zinken" lassen uns an den Abzweigungen wissen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. An den Zehrerhöfen folgen wir dem auf rechter Seite beginnenden Steig. Auch hier stehen zwei etwas ungeschickt angebrachte Hinweispfeile Richtung "Zinken, nur für Geübte". Trotz der Südflanke überwiegend schattig geht es nun im Wald auf bestens markierten Steig dem Südwestgrat entgegen, den wir nach einer knappen Stunde erreichen.

Hier beginnt der landschaftlich schönste Abschnitt dieser Tour. Mit netten Tiefblicken auf Jungholz geht es überwiegend auf der Grathöhe an interessanten Felsformationen vorbei zum Steilabbruch des Zinkengipfels. Man umgeht diesen rechts herum und gelangt zu einer kurzen, aber steilen Rinne, welche zu einem Felsenfenster leitet. Die Rinne überwinden wir seilgesichert über gute Griffe und Tritte und gelangen durch das Felsenfenster hindurch auf die andere Seite des Grats, wo wir den kreuzgeschmückten Zinkengipfel in einer Minute über vorbildlich gesicherte Schrofentritte erreichen. Trotz des Drahtseiles ist hier speziell in Abstiegsrichtung bei Nässe Vorsicht geboten.

Der Zinkengipfel bietet schöne Aussicht ins Tannheimer Tal und seine Bergumrandung. Ein Geheimtipp ist er seit einigen Jahren allerdings nicht mehr. Fanden sich nach der Jahrtausendwende nur wenige Einträge pro Tag im Gipfelbuch, so muss der Zinken zusammen mit seinem österreichischen Nachbar zwischenzeitlich zu den Modegipfeln in den Allgäuer Voralpen gezählt werden. Wer lieber für sich sein möchte, der sollte dieses Gipfelpaar an den Wochenenden der Saison also besser meiden.

Nach einer genussreichen Rast wenden wir uns dem Übergang zum Hauptgipfel zu, welcher ganz nah hinter zahlreichen Türmchen und Wandabbrüchen hervorschaut. Der Grat wird teilweise links umgangen, das erste Wegstück sehen wir bereits vom Gipfel aus. Der Hauptgipfel selbst sieht von unserem Standpunkt aus betrachtet nahezu unbezwingbar aus. Wer sich aber bis hierher sicher fühlte, für den wird auch die Gratüberschreitung kein unüberwindbares Hindernis darstellen. Zu einer exakten Wegbeschreibung bin ich leider nicht in der Lage, obwohl mir eine detaillierte Route aus dem Ammergau-Büchlein von Günther Laudahn vorliegt. Mir erschien, als umgeht der heute markierte Steig einige Gratpassagen, welche früher (weglos) eher beibehalten wurden. Der jetzige Übergang ist jedenfalls durchgehend markiert und nicht zu verfehlen.

Zunächst geht es auf der Aufstiegsroute hinab, bis man das Ende der Rinne unterhalb des Felsenfensters erreicht. Hier erblickt man einen schmalen Felsspalt mit einem roten Markierungspunkt, zu dem man auf guten Schrofentritten emporsteigt. Man zwängt sich durch den Spalt hindurch und klettert auf der anderen Seite den brusthohen Absatz, dessen Tritte man aus der ungelenken Haltung heraus gar nicht mal so einfach erkennt, zu einer deutlichen Pfadspur ab. Das ist wohl die spaßigste Stelle des Übergangs, welche besser nur von Schlanken angegangen werden sollten. Eventuelle Teleskopstöcke am Rucksack sind dringend zu entfernen, am Besten zieht man den Rucksack ganz ab. Wer meint, dass sein Körper- oder Rucksackvolumen da nicht durchpasst, kann den Spalt auch rechts herum umgehen, was auch eher schneller geht.

Ein schmaler, markierter Pfad, dessen Begehung stellenweise etwas Trittsicherheit verlangt, umgeht das erste Gratstück links herum und strebt dann bald wieder der Kammhöhe entgegen. Man sollte den kurzen Übergang nicht abhasten, denn der Grat fasziniert durch seine zahlreichen Türme und Steilwände, deren Umgehung im Rückblick gar nicht immer so nachvollziehbar ist. Schnell rückt der Hauptgipfel näher. Eine Beibehaltung des Grats ist ohne schwierige Kletterei nicht möglich. Man umgeht den ersten Steilaufschwung links absteigend über eine trittige Rampe (I) und gelangt zum erwähnten Steilaufschwung auf den Hauptgipfel. Die Kletterei in den grasdurchsetzten Schrofen ist nicht schwerer als I, bietet aber wegen einiger Erdtritte bei Nässe Unannehmlichkeiten. Das durchlaufende, vorbildlich angebrachte Drahtseil bietet dann eine willkommene Sicherungsmöglichkeit.

Für den gesamten Übergang ab Felsspalt beim Felsenfenster benötigt man nur 20 Minuten. Der Ausblick vom Hauptgipfel ist noch etwas reizvoller, als vom Zinken aus. Besonders eindrucksvoll sind einige Felsnadeln, welche in der Südostflanke steil aus der spärlichen Bewaldung herausragen. Die Abbrüche auf beiden Seiten des Gipfels gehen zwar nicht ins Bodenlose, sind aber trotzdem ziemlich heftig.

Der Abstieg vollzieht sich zunächst einige Meter am Grat entlang, dann geht es in einer plattigen Rinne hinab, wo man an einem kurzen Steilstück noch mal etwas Hand anlegen muss. Die Kraxelei kann zwar im unteren Ier-Bereich eingeordnet werden, manchem Wanderer ist das aber vielleicht auch schon zuviel. In Kürze wird sich aber auch hier ein Drahtseil befinden, Haken hierfür sind bereits angebracht worden. Am Nordrücken geht es vorbei an einer Antenne, welche mir eine Aufnahme vom Hauptgipfel unmöglich machte. Der Rückblick zeigt, dass der Zugang in umgekehrter Richtung landschaftlich weniger schön ist. Führen Sie die Tour also besser in hier beschriebener Richtung durch.

Man gelangt an das obere Ende des von Jungholz hinaufleitenden Schlepplifts, wo wir uns nach links wenden und zu einer unweit entfernten Hütte (Älpele) mit einem auffallenden Blechdach absteigen. Von hier erblickt man weiter unten einen Wegweiser, dem wir in Richtung "Rundweg Sorgalpe" folgen. An einem weiteren Wegweiser, an dem der Pfeil "Älpele Alpe" in die verkehrte Richtung zeigt, steigen wir nach rechts auf einem Wiesenhang in oben genannter Richtung ab. Der Wiesensteig trifft auf einen Forstweg, auf dem wir nach links zu unserem Ausgangsort zurückwandern.

Karte

Höhenprofil mit Gehzeiten (ohne Pausen)

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bei den auf gipfelsuechtig.de vorgestellten Tourenvorschlägen handelt es sich um außergewöhnlich schöne und spannende Bergfahrten, welche aber mitunter in ihrer Gesamtanforderung als recht anspruchsvoll eingestuft werden müssen. Für eine gefahrlose Nachbegehung sind neben Unternehmungslust und guter Ausrüstung vor allem zwei Dinge von großer Wichtigkeit: Vernunft und alpine Erfahrung. Die jährlich steigende Anzahl teils tödlicher Bergunfälle zeigt, dass viele Bergbegeisterte sich in Ihrem Unternehmungsdrang überschätzen oder dem alpinem Gelände nicht den nötigen Respekt zollen. Besonders erschreckend ist bei näherer Betrachtung, dass es sich hierbei noch nicht einmal immer um besonders anspruchsvolle Touren handelt.

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Die Bewertung der Schwierigkeiten auf meiner Seite erfolgt in der Regel sachlich und eher streng, was erfahrenen Gehern die korrekte Einordnung der Anforderungen erleichtern soll. Berücksichtigen Sie bitte, dass sich auch meine leichteren Touren teilweise in alpinerem Gelände mit allen damit verbundenen Risiken bewegen. Eine genauere Einordnung der von mir bei der Tourenbewertung verwendeten Schwierigkeitsskala finden Sie unter "Verschiedenes -> Bewertungen".

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Boris Stephan (Webmaster gipfelsuechtig.de)

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