Die Urbeleskarspitze, zweithöchster Berg der Hornbachkette nach dem großen Krottenkopf, bietet auf Grund ihrer überragenden Höhe eine phantastische Rundumsicht. Mit ihrem markanten, trapezförmigen Gipfeldach tritt sie von Norden und Süden aus gesehen aus der Hornbachkette besonders auffallend hervor. Sie ist nicht so leicht zugänglich, wie ihre unmittelbare Nachbarin, die Bretterkarspitze, doch ist die Orientierung unterhalb des Gipfels durch eng aufeinander folgende Markierungen wesentlich erleichtert. Die klettermäßigen Schwierigkeiten liegen meist bei I, zwei Stellen erfordern bereits mäßig schwierige Kletterei bis II. Das Gehen in den geröllbedeckten, von Abstürzen begleiteten Schrofen und Bändern erfordert sicheren Tritt und Schwindelfreiheit. Insgesamt ist die Urbeleskarspitze also kein ganz leichtes, aber für den geübten Alpinisten jedoch sehr lohnendes und interessantes Gipfelziel, ohne nennenswerte unangenehme Überraschungen. Schaut man sich vom Kaufbeurer Haus aus die Anstiegsroute in dem steilen Gipfelkörper an, ist man regelrecht überrascht, wie verhältnismäßig unspektakulär man in vielen Kehren und geschickter Geländeausnutzung nach 1 1/2 Stunden den Gipfel erreicht. Ich hatte mit größeren Schwierigkeiten gerechnet. Da der brüchige Hauptdolomit prinzipiell immer auch die Gefahr von Steinschlag durch Vorausgehende birgt, empfehle ich bei dieser Tour einen Steinschlaghelm mitzunehmen.
Unser Ausgangsort ist, wie so oft, Hinterhornbach. Das Auto parken wir diesmal nicht am Ortsende an der Gufelbrücke, sondern auf dem Parkplatz etwa in der Ortsmitte. Kurz nach dem Gasthof Adler biegen wir mit dem Auto nach links ab und queren auf einer Holzbrücke den Hornbach. Wir parken das Auto auf dem hier eingerichteten Parkplatz und wenden uns dem Gatter am Parkplatzende zu. Hinter dem Gatter beginnt rechts eine schmale Weidewiese, hinter der auch gleich der bewaldete Nordhang der Hornbachkette beginnt. Auf den letzten Wiesenmetern erblickt man eine zunächst nicht besonders ausgeprägte, aber klar erkennbare Pfadspur. Sie prägt sich nach wenigen Metern zu einem deutlichen Steig aus und trifft nach ca. 5 Minuten auf den vom Gasthof Adler heraufkommenden Forstweg. Auf der anderen Seite des Forstwegs beginnt dann auch gleich der Aufstieg zum Kaufbeurer Haus. Bereits bei diesem Anstieg gibt es einige prachtvolle Ausblicke auf die Wildengruppe mit der Hochfläche des großen Wilden, dem Hochvogel und der dolomitenähnlich zerklüfteten Dolomitenlandschaft der Roßzahngruppe. Der Aufstieg ist auch an den Wochenenden der Saison nicht überlaufen.
Vom Kaufbeurer Haus kann man zum ersten mal einen Blick auf den gesamten Gipfelaufbau der Urbeleskarspitze werfen. Vom Geröllfeld unterhalb des Gipfelkörpers zieht im linken Teil der NW-Flanke eine markante Rinne hinauf, die sich weiter oben in zwei Äste teilt und am Nordgrat endet. Sie wird in der unteren Hälfte links von einem mäßig steilen, stellenweise begrünten Rücken begrenzt, der sich oben immer weiter zusammenzieht und etwa auf halber Höhe in der Rinne ausläuft. Auf ihm vollzieht sich auch der erste Teil unseres Anstieges. Oberhalb des Rückens geht es noch ein Stück am linken Rand der Rinne hinauf. Die Route quert später in die steile Westflanke über die man über Bänder und Schrofen in vielen Kehren den Gipfel gewinnt.
Wir folgen zunächst dem Normalweg auf die Bretterspitze bis zu dem Punkt, wo dieser nach rechts Richtung Bretterspitze vor dem Felsaufbau der Urbeleskarspitze abbiegt. Hier zweigt nach links eine kaum zu verfehlende Trittspur im Geröll ab, welche zu dem bereits erwähnten Schrofenrücken hinüberleitet. Anstatt des Normalswegs auf die Bretterspitze kann man auch eine Steigspur am hinteren Ende des Hubschrauberlandeplatzes auf der Rückseite des Kaufbeurer Haus benutzen, welche dann in vielen kleinen Kehren im Geröll schließlich auf den Normalweg der Bretterspitze trifft. Auf dem Rücken geht es in leichter Kletterei bis zu seinem höchsten Punkt. Zahlreiche Steinmänner erleichtern hier die Orientierung. Der weitere Anstieg ist in enger Abfolge bis zum Gipfel markiert. Das ist auch dringend notwendig, denn das ganze Gelände ist wegen seiner vielen Steilstufen extrem unübersichtlich. Man sieht weder wohin man geht, noch woher man kommt.
Es ist wirklich bemerkenswert, wie geschickt sich die Route durch den sonst völlig ungangbaren steilen Fels windet. Da quert man zum Beispiel auf einem fast ebenen Band in der Flanke, links die Felswand, rechts der Abgrund, dass man beinahe annehmen könnte, der Steig sei extra in den Felsen gesprengt worden. Mich hat das wirklich beeindruckt, wie sich ein für das Auge so steiler Gipfelkörper Stück für Stück in einzelne überwindbare Felsstufen auflöst. Damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Die Urbeleskarspitze ist und bleibt ein Gipfelziel, dass nicht allzu leichtfertig unterschätzt werden sollte. Der Aufstieg in der oberen Hälfte ist fast durchgehend I mit kürzeren "Gehpassagen" dazwischen. Die Schlüsselstelle bildet eine steil aufgestellte Platte mit zwei markanten Rissen (II), welche wegen eines sich unmittelbar darunter befindlichen Felsabsatzes jedoch kaum ausgesetzt ist. Der von unten gesehen linke Riss ist besonders beim Abstieg in jedem Fall vorzuziehen. Alle zum Teil auch etwas steileren Kletterpassagen verfügen über großzügige Griffe.
Das Gipfelkreuz steht auf der westlichen Seite des Gipfeltrapezes. Der Ostgipfel ist noch ein paar Meter höher. Auch ihn erreicht man ohne Probleme über den Gipfelgrat und er bietet eine hübsche Aussicht auf Wasserfallkarspitze und Schwellenspitze. Bei meiner Besteigung war die Aussicht wegen zahlreicher Quellwolken leider etwas eingeschränkt, bei klarer Sicht dürften jedoch kaum noch Wünsche offen bleiben. Die Urbeleskarspitze ist dann ein Aussichtsberg erster Güte. Das dicke Gipfelbuch stammt übrigens noch aus den 80er Jahren und war im Jahr 2002 noch nicht einmal halb voll.
Der Abstieg erfolgt genau auf der Anstiegsroute. Dabei gebieten die geröllbedeckten Schrofen und Bänder vorsichtiges Gehen. Der Untergrund stellt meines Erachtens die eigentliche Schwierigkeit der Urbeleskarspitze dar. Nehmen Sie sich beim Abstieg also ruhig Zeit. |