Über die Geierköpfe zur Kreuzspitze

Sie haben den ganzen Sommer und Herbst Kraft und Kondition getankt und die ersten Schneefälle oberhalb der 2000m-Grenze hindern Sie an der Hingabe zu Ihrem alpinen Tatendrang? Dann ist diese reizvolle Gratüberschreitung genau das Richtige für Sie. Gute 2000 Höhenmeter und 5 Gipfel sind bei dieser Tour zu bewältigen, wobei die Tour bei Erschöpfung auch vorzeitig abgebrochen werden kann. Man erspart sich auf diese Weise den Gegenanstieg zur Kreuzspitze mit gut 500 Höhenmetern ein. Der durchaus lohnende Übergang vom Kreuzspitzl zur Kreuzspitze ist charakterlich der Überschreitung der Geierköpfe recht ähnlich und man sieht nicht wirklich viel Neues. So kann man die Überschreitung der Geierköpfe und die Gratwanderung vom Kreuzspitzl zur Kreuzspitze auch in zwei unabhängigen Tagestouren durchführen. Beide Touren sind nur für geübte Bergsteiger empfehlenswert. Es existieren zwar keine wirklich schwierigen Stellen, doch gebieten feine Geröll- und Gesteinsauflagen vorsichtiges Gehen und sicheren Tritt. Zudem ist an einigen Stellen etwas Kletterfertigkeit gefragt (I, zwei kurze Stellen II-). Der zum Teil schmale Grat der Geierköpfe erfordert ein gewisses Maß an Schwindelfreiheit, auch wenn die nur mäßig geneigten Südhänge meist keine wirklich luftigen Gefühle aufkommen lassen. Für einen erfahrenen und durchtrainierten Bergsteiger dürfte diese Tour eigentlich keine unangenehmen Überraschungen beinhalten.

Ausgangsort ist ein kleiner Parkplatz, ungefähr auf der Hälfte der Strecke zwischen Plansee und Hotel Ammerwald. Man übersieht ihn bei Morgendämmerung leicht. Etwa in der Mitte des Parkplatzes beginnt etwas versteckt ein ziemlich schmaler Pfad, der sofort in knackigen Steigungsprozenten den sehr steilen Hang hinaufzieht. Nach etwa 500 Höhenmetern quert er mit hübschen Blicken ins Teufelstal und auf die Tannheimer Gruppe den Hang nach Osten (weitgehend eben) und man erreicht nach ca. 2 Stunden die Zwerchenbergalpe, wo unser Pfad auf einen Wanderweg vom Plansee her trifft. Wir folgen ihm durch Latschen weiter bergauf bis zu einer Weggabelung, an der wir die linke Abzweigung wählen. Über den grasigen Südhang erreichen wir schließlich ohne nennenswerte Probleme den Westgipfel der Geierköpfe. Am Schlussanstieg sind ein paar einfache Schrofen zu überwinden. Mit seiner schönen Aussicht auf die Hochplatten-, Daniel- und Tannheimer-Gruppe und dem landschaftlich sehr reizvollen Aufstieg bietet er auch dem mäßig geübten Wanderer ein für sich allein lohnendes Gipfelziel.

Unser nächstes Ziel ist der Hauptgipfel der Geierköpfe, den man über den nach Osten ziehenden Grat erreicht. Er erfordert nur sicheren Tritt und ein wenig Schwindelfreiheit, jedoch keine Kletterei. Wir folgen also dem Grat bis zur Einschartung unterhalb des Hauptgipfels und ereichen von dort aus, zu Beginn über ziemlich steiles, feinkörniges Geröll aufsteigend, den Gipfel. Einige Markierungspunkte und Steinmänner erleichtern hier die Orientierung. Erwartungsgemäß bietet der Hauptgipfel auf Grund seiner überragenden Höhe eine hervorragende Aussicht. Hübsch ist der Blick zurück auf den Grat zum Westgipfel.

Die Weiterverfolgung des Grates zum Ostgipfel ist der anspruchsvollste Teil dieser Tour. Allzu schroffen Passagen weicht man in die mäßig geneigten Südhänge aus. Ich erspare mir an dieser Stelle eine allzu detaillierte Beschreibung des Übergangs, weil ich es auch nicht mehr genau in Erinnerung habe. Im Wesentlichen ist der Übergang durch das Gelände bereits vorgegeben, einige Markierungspunkte und Steinmänner erleichtern zusätzlich das Auffinden der günstigsten Route. In den meisten Fällen ist ohnehin eine Pfadspur zu erkennen. Die Schlüsselstelle bildet ein steiler Wandabbruch in eine Scharte. Man umgeht ihn südseitig (II). Hier verstärkt auf Steinmänner achten, denn ein weiter oben verlaufendes, zunächst gut gangbares Band kann nur in heikler Bruchkletterei verlassen werden. Von der Scharte klettert man über eine fast senkrechte Rinne mit großen Tritten und Griffen wieder auf den Grat (I+). Hört sich spektakulär an, ist es aber eigentlich weniger, zumindest für Bergwanderer, die schon im II. Schwierigkeitsgrad geklettert haben und nicht beim ersten Blick in die Tiefe weiche Beine bekommen. Während des ganzen Übergangs gilt: Was nicht überklettert werden kann, wird rechts umgangen. Am Ende erreichen wir über den wieder begrünten Grasrücken den Ostgipfel der Geierköpfe. Bei meiner Begehung war hier wieder etwas belebterer Wanderbetrieb.

Von hier aus haben wir nun 3 Möglichkeiten. Wenn Sie der Ansicht sind, genug Kraft vergeudet zu haben, steigen Sie am besten direkt vom Ostgipfel auf den am Südhang entlangziehenden Steig ab. Dieser zieht unterhalb der Geierköpfe entlang und trifft schließlich auf die Weggabelung unterhalb des Westgipfels. Zurück zum Parkplatz geht es nun auf der bereits bekannten Aufstiegsroute über die Zwerchenbergalpe. Wenn Sie sich noch nicht ganz ausgelastet fühlen, steigen Sie zunächst ebenfalls auf den Südhangsteig ab, wählen aber gleich vom Gipfel aus eine etwas östlichere Abstiegsrichtung. Ich bin das kurze Stück weglos abgestiegen. Hier angekommen gelangt man über Gras mit einigen Latschenfeldern zum Neualmsattel.

Sollte Ihnen jetzt doch allmählich die Kraft ausgehen (das ist bestimmt keine Schande), dann steigen Sie am besten auf der zu Beginn etwas undeutlichen Steigspur ins Tal ab. Der Steig soll nach meiner Literatur (Günther Laudahn, Ammergauer Alpen mit Vilsgebiet) nicht ganz einfach sein. Ich bin den landschaftlich offenbar sehr lohnenden Abstieg noch nicht begangen. Schwindelfreiheit, Konzentration und Trittsicherheit sind wohl auf dem steilen und stellenweise ausgesetzten Steiglein Vorraussetzung. Wer die Geierköpfe überschritten hat, kann diese Warnung vermutlich weitgehend ignorieren. Wer den Ostgipfel allerdings über den Südhangsteig erstiegen hat, sollte bei seiner Entscheidung jedoch vorsichtig sein. Es wird wohl hübscher sein, den nach einiger Zeit links abzweigenden Jubiläumssteig zum Hotel Ammerwald zu verwenden. Auch hierüber kann ich leider noch keine Aussage machen. Was ich jedoch mit Sicherheit sagen kann: Der über 5km lange Rückmarsch entlang der Straße ist ein endloses Gelatsche. Dieses Übel bleibt Ihnen allerdings auch bei der dritten, sehr anstrengenden Variante nicht erspart: Die Vollendung der Rundtour über Kreuzspitzl und Kreuzspitze. Dazu steigen wir vom Neualmsattel auf einer zu Beginn etwas undeutlichen Pfadspur (man muss zur frühen Jahreszeit u. U. etwas suchen) zum Kreuzspitzl auf. Das sind gute 400 Höhenmeter, die ich schnaufend und fluchend gerade so überlebt habe.

Auf dem Kreuzspitzl waren die Aufstiegsmühen aber wieder schlagartig vergessen. Der Übergang zur Kreuzspitze wird wenig begangen und macht jemanden, der die Geierköpfe überschreitet hat, keine Probleme. Eine deutliche Steigspur leitet in dem übersichtlichen Gelände hinüber. Zuerst wandern wir zu dem nordwestlich aufragenden Rücken hinüber und steigen dann auf Geröll, weiter unten über zusammengepressten Schutt, stets auf der Kammhöhe ab, bis wir zu einem steilen Abruch in die Scharte zwischen Kreuzspitzl und Kreuzspitze gelangen. Der Schuttrücken macht hier einen scharfen Knick nach links und wir folgen ihm parallel zur Abbruchkante noch ein paar Meter bergab, bis er auch hier an der Kante endet. Hier klettern wir entweder links oder rechts der in den Schuttrücken hineinragenden Rippe zur einem kleinen Absatz ab. Beide Möglichkeiten sind mit II zu bewerten, wobei ich den Abstieg links der Rippe bevorzugt habe. Der Fels ist hier etwas plattig, aber dafür fest und bietet ausreichend Griffe und Tritte. Vom Absatz aus gibt es abermals zwei Möglichkeiten. Entweder quert man auf einem Band (in Abstiegsrichtung) nach rechts und klettert dann steil hinab zu einem Geröllband unterhalb des Abbruchs oder aber man quert auf hellen, plattigen Schrofen nach links zu einem steilen Spalt und klettert durch diesen hinab. Die Schwierigkeiten liegen nun hinter uns. Nach der Scharte geht es wieder leicht über zwei Schrofenköpfe zum Gipfelaufschwung der Kreuzspitze. Statt der Pfadspur unterhalb des Kammes zu folgen kann man auch aussichtsreicher direkt auf der Kammhöhe entlangwandern. Der Gipfelaufschwung der Kreuzspitze setzt mit einer mannshohen Stufe an, die mit einer Eisenkette gesichert ist. Schön ist der Blick vom Gipfel zurück auf die Geierköpfe. Sie werden jedoch nicht herumkommen, den Gipfel mit anderen Wanderern zu teilen, denn die Kreuzspitze bildet von Norden aus ein attraktives und leicht zu erreichendes Gipfelziel.

Vom Gipfel aus steigen wir über einige kurze Stufen auf deutlichem und markiertem Steig soweit ab, bis man am "Schwarzen Kopf" in die Geröllhalde des Hochgrieskars hineinqueren kann. Ich bin am "Schwarzen Kopf" noch viel zu lange auf dem Steig geblieben, der mit seinen glibberigen, erdigen Stufen bei Nässe recht unangenehm ist. Das reinste Vergnügen ist dagegen das Abfahren im Hochgrieskar. Zwar schlängelt sich auch hier ein Steig in vielen Kehren den Geröllhang hinab, doch sollten Sie sich den Spaß nicht nehmen lassen, direkt in Falllinie von Serpentine zu Serpentine im Geröll abzufahren. So ideal erwischt man es wirklich selten. Bis zu 2000 Höhenmeter pro Stunde hat mein Höhenmesser angezeigt. Viel zu schnell ist der Geröllhang zu Ende und man muss wieder mit normalem Tempo ins Tal absteigen. Ich drücke Ihnen die Daumen, dass Sie hier einen netten Autofahrer finden, der Sie zurück zum Parkplatz mitnehmen kann. Nach einer solch anstrengenden Tour hat man auf das Gelatsche echt keine Lust mehr. Oder aber Sie gehen auf Nummer sicher und deponieren hier ein Fahrrad, bevor Sie vom Parkplatz unterhalb des Teufelstals aus die Tour angehen. Das mag zwar zunächst etwas unbequem sein, aber Sie werden sich diesen Aufwand später danken.

An dieser Stelle möchte ich an zwei Personen ein herzliches Dankeschön richten. Mein erster Dank geht an Sascha Sauer (www.gaehnchen.de), welcher zu den Schlüsselstellen dieser Tour wertvolle Ergänzungen lieferte. Das zweite Dankeschön geht an Dirk Porezag, welcher mir über mein Gästebuch folgende Info zur Vermeidung des Talhatschers hat zukommen lassen.

Gästebucheintrag von Dirk Porezag am 27.07.2009:

Einen Tip zur Kombi Geierköpfe/Kreuzspitze, die ich heute selber gemacht habe. Mit folgender Variante kann man sich das lange Gelatsche auf der Strasse sparen: Statt das Auto am Teufelstal-Einstieg abzustellen, weiterfahren (bzw. von Linderhof aus nicht so weit) bis zum Start von Weg 243, dem "alternativen Normalweg" auf die Geierköpfe, der im Artikel auch als Abstiegsmöglichkeit genannt wird, wenn die Kraft für die Kreuzspitze nicht mehr reicht. Der Weg beginnt an der Strasse oberhalb der Kehren, an deren unterem Ende die deutsch/österreichischen Grenze liegt und ist mit einem Schild "Geierköpfe" gekennzeichnet. Parkplatz für 2-3 Autos direkt am Start des Wegs, mehr am unteren Ende der Kehren direkt an der Grenze auf dem Parkplatz zur Kreuzspitze. Von letzterem Parkplatz kann man auch direkt das Grieß nach Süden bergauf gehen bis zur Einmündung eines seitlich von SW mündenden "Seitengrieses". An dieser Stelle kommt auch der oberhalb der Strassen-Kehren angezeichnete Weg 243 nach einem knappem km raus. Der eigentliche Pfad beginnt dann an der Südseite der "Grießmündung" (westlich vom Bach) und zieht wenig später in die Ostflanke der Geierköpfe hoch. Landschaftlich sehr schön, kurze ausgesetzte Stücke, aber grundsätzlich unschwierig. Etwa in der Höche von 1650m trifft er dann auf den Punkt, wo in der Originalbeschreibung der Anstieg zum Kreuzspitzl beginnt. Dort dreht er nach Westen und passiert die Südflanke der Geierköpfe auf halber Höhe. Am Ende trifft er auf den Weg von der Zwerchenbergalpe, also die ursprünglich beschriebene Variante. Damit ist der Anstieg bis zum ersten Gipfel zwar deutlich länger, aber der Weg ist schön und man ist nach dem Abstieg von der Kreuzspitze sofort am Auto.

Karte

Höhenprofil mit Gehzeiten (ohne Pausen)

Lieber Bergfreund,

bei den auf gipfelsuechtig.de vorgestellten Tourenvorschlägen handelt es sich um außergewöhnlich schöne und spannende Bergfahrten, welche aber mitunter in ihrer Gesamtanforderung als recht anspruchsvoll eingestuft werden müssen. Für eine gefahrlose Nachbegehung sind neben Unternehmungslust und guter Ausrüstung vor allem zwei Dinge von großer Wichtigkeit: Vernunft und alpine Erfahrung. Die jährlich steigende Anzahl teils tödlicher Bergunfälle zeigt, dass viele Bergbegeisterte sich in Ihrem Unternehmungsdrang überschätzen oder dem alpinem Gelände nicht den nötigen Respekt zollen. Besonders erschreckend ist bei näherer Betrachtung, dass es sich hierbei noch nicht einmal immer um besonders anspruchsvolle Touren handelt.

Meine dringende Bitte an Sie ist deshalb: Überprüfen Sie kritisch Ihre Bergerfahrung und lassen Sie bei Auswahl und Durchführung der Touren Vernunft walten. Nicht die schwierigste Tour ist die schönste, sondern jene, welche an Ihre individuelle Bergerfahrung angepasst ist. Es wäre für mich als Autor dieser Seite furchtbar, wenn Ihnen aufgrund meiner Tourenvorschläge etwas zustoßen sollte.

Die Bewertung der Schwierigkeiten auf meiner Seite erfolgt in der Regel sachlich und eher streng, was erfahrenen Gehern die korrekte Einordnung der Anforderungen erleichtern soll. Berücksichtigen Sie bitte, dass sich auch meine leichteren Touren teilweise in alpinerem Gelände mit allen damit verbundenen Risiken bewegen. Eine genauere Einordnung der von mir bei der Tourenbewertung verwendeten Schwierigkeitsskala finden Sie unter "Verschiedenes -> Bewertungen".

Wann immer Sie unsicher sind oder noch Fragen haben: Schreiben Sie mir eine Email oder rufen Sie mich einfach an (siehe Angaben unter "Impressum"). Ich helfe immer gerne weiter! Ich wünsche Ihnen schöne und erfolgreiche Bergtouren.

Boris Stephan (Webmaster gipfelsuechtig.de)

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