Auf die Große Schlenkerspitze und Reichspitze
Ein Tourenbericht von meinem Bergfreund und Tourenbegleiter Max Schuler

Ergeht es Ihnen auch wie so manchem Lechtalfreund, der beim Schmökern in der alpinen Fachliteratur auf Begrifflichkeiten wie "Schlenkertürme" oder "Schlenkerwand" stößt und dabei verdutzt mit den Schultern zuckt!? Klingen diese Namen auch in Ihren Ohren wie böhmische Dörfer? Aber halt! Unter der "Großen Schlenkerspitze" sollten Sie sich schon etwas vorstellen können, schließlich ist "der Schlenker" – wie die Lechtaler sagen – mit 2827 Metern Höhe der Hauptgipfel östlich der Parseierspitze und überragt die Mächtigsten seiner Nachbarn um fast 100 Meter! Über zwei Kilometer zieht sich dieses gewaltige Massiv hin; ein scheinbar endloser Zackengrat mit Wänden bis zu 500 Meter Höhe verbindet die Kleine mit der Großen Schlenkerspitze. Die senkrecht aus Hauptdolomit aufgerichteten Tafeln schaffen dabei richtige Pfeilerstrukturen im Sinne eines gotischen Doms. Je näher man dem Berg jedoch kommt, desto mehr verliert er das Kompakte. Alles ist aufgegliedert in Platten, Kanten und Schluchten; ein heilloses Durcheinander mit viel Geröll und teilweise brüchigem Gestein.

Ganz anders die kecke Reichspitze, welche nördlich des Galtseitenjochs über grünen Matten aufragt und mit himmelhohen Wänden ins Fundais- bzw. Angerletal abbricht, was ihr zu einem recht alpinen Erscheinungsbild verhilft. Mit 2590 Metern Höhe gehört die Reichspitze eher zu den zweitrangigen Lechtal-Gipfeln. Erst beim zweiten Blick auf die Karte wird man sich bewusst, dass es sich bei dem 6 Quadratkilometer umfassenden Nebenkamm um ein ebenfalls mächtiges Massiv handelt.

Im Folgenden möchte ich Ihnen eine landschaftlich außerordentlich schöne Bergtour im Parzinn-Gebiet vorstellen, welche in ihrer Gesamtkonzeption gute Kondition und an beiden Bergen teilweise luftige Kletterei im II. Schwierigkeitsgrad erfordert, wobei die Schwierigkeiten an der Schlenkerspitze kurzzeitig sogar im oberen II. Grad liegen (II+). Sie sollten sich bei der Gr. Schlenkerspitze in steilen, mühsamen Geröllpassagen sicher fühlen und brüchige Schrofen nicht scheuen. Zudem kann der Einsatz von Pickel und Steigeisen notwendig werden – der nordseitige Anstieg zur Schlenkerspitze ist meist bis in den Sommer hinein mit Schnee bedeckt. Anders als bei der Reichspitze müssen Sie sich darüber hinaus im Klaren sein, dass die Route auf die Schlenkerspitze nicht markiert ist und ein geschultes Orientierungsvermögen verlangt. Der Gipfelanstieg auf die Große Schlenkerspitze ist im Gesamtkonzept somit um einiges anspruchsvoller zu werten als der Reichspitze-Südgrat.

Fühlen Sie sich den oben genannten Anforderungen gewachsen und gehen die Tour mit dem nötigen Respekt an, dann erwartet Sie ein alpiner und landschaftlicher Leckerbissen, welcher in jeder Hinsicht kaum schöner vorstellbar ist. Das kleine Örtchen Pfafflar, direkt an der Hochgebirgsstraße zwischen Elmen und Imst gelegen, bietet sich als idealer Ausgangsort an. Der relativ großen Ausgangshöhe von rund 1500 Metern ist es zu verdanken, dass sich die beiden Gipfel in einer strammen Tagestour erreichen lassen (rd. 1600 Meter Gesamtanstieg). Die Route führt den Wanderer zuerst durch das urwüchsige Fundaistal und den Fundaisboden zum Galtseitenjoch – ein breites Joch zwischen Schlenker- und Reichspitze. Danach geht es über den Südgrat auf die Reichspitze und auf der gleichen Route zurück ins Joch. Das Finale dieser grandiosen Bergtour bilden schließlich der Anstieg über den weglosen Nordgrat auf die Schlenkerspitze und der Rückweg über das Brunnkarjöchl nach Pfafflar.

Nach einer steilen, aber gut ausgebauten Auffahrt von Elmen aus, stellen wir den PKW an einer geräumigen Wendemöglichkeit in der letzten Kurve vor Pfafflar ab. Ein Schild mit der Aufschrift "Muttekopf, Fundaistal" weist uns den Weg zu einer kleinen Häusergruppe hinab. Bald darauf zweigt links des breiten Forstwegs ein markierter schmaler Pfad ab, der sich kurz an die ostseitigen Latschen- und Geröllhängen des Fundaisbachs hält, in Folge allerdings dem steinigen Bachbett zustrebt. Die nächsten Minuten schlendert man direkt im Bachbett auf die große, den Fundaisboden nach unten begrenzende, Geländestufe zu. Über enge Kehren weicht der gut in Schuss gehaltene Steig dem ungangbaren Teil der Stufe nach rechts aus und man erreicht circa 2 Stunden nach Verlassen des Ausgangsortes die Hochfläche des Fundaisbodens. Dieses traumhafte Fleckchen Erde lädt zu einer Rast ein und wir werden dieses Angebot angesichts der eindrucksvollen Umgebung kaum ausschlagen. Im Norden beeindruckt der steilgrasige Kreuzspitzkamm mit der dominierenden Pfeilspitze. Rechterhand fasziniert der wild zerschartete Klammenspitzengrat mit der kecken Erhebung des "Kögeln" ganz im Norden.

Nach ausreichender Erholung wenden wir uns nach Westen dem bereits sichtbaren Galtseitenjoch zu. Auch die Schlenkerspitze ist schon ins Sichtfeld geraten, sie wirkt von hier aus gesehen allerdings eher plump und unattraktiv, was sich selbstverständlich noch ändern wird! Schneller als gedacht hat man das Wegstück ins Galtseitenjoch hinter sich gebracht und ein bezauberndes Aussichtsbild lässt die Anstrengungen der letzten drei Stunden rasch in den Hintergrund geraten. Riesig und weit ausladend starrt das Schlenkerspitzmassiv im Süden über dem Kamm hervor. Links die Große Schlenkerspitze, gefolgt von den Schlenkertürmen und der Schlenkerwand. Man muss den Kopf ganz schön weit in den Nacken legen, um diesen Koloss voll überblicken zu können! Gleich neben der Kleinen Schlenkerspitze schießt der pyramidenartige Felsdom der Dremelspitze in den Himmel. Direkt westlich steht die breite und behäbig wirkende Schneekarlespitze, eine kaum je bestiegene Felsschneide. Die sich anschließenden Erhebungen der Steinkar- und Parzinnspitze wirken von unserem Standpunkt aus eher unscheinbar. In Wirklichkeit handelt es sich aber auch hier um zwei schöne elegante Gipfel, die sich in einer reizvollen Tagestour miteinander verbinden lassen (siehe Tourenbericht "Auf die Gipfel der Gufelseeumrandung"). Nördlich davon sinkt der Kamm rasch zum Gufelseejöchl ab, bevor er sich sanft zur Kogelseespitze hinaufschwingt. Nochmals nördlicher folgen die wilden Bockkarspitzen und der Potschallkopf. Rechts davon, im Nordwesten, spitzeln die Dolomitzacken der Hornbachkette über dem "Hochgwas" hervor. Besonders interessieren dürfte uns der Blick zur eleganten Reichspitze. Lassen Sie sich als geübter(!) Bergsteiger von dem abweisenden Erscheinungsbild nicht entmutigen: Denn erstens gehört der griffige Fels der Südflanke zum Zuverlässigsten, was die häufig so brüchigen Lechtaler Alpen zu bieten haben und zweitens wurde im Jahr 2004 von der Sektion Hanau ein sehr gelungener kleiner "Klettersteig" zum Gipfel angelegt. Die Route ist jetzt deutlich günstiger als die bisher verwendete Route, wo es im unteren Bereich einen schmalen und ausgesetzten Quergang zu meistern galt.

Die mit roter Farbe angebrachte Aufschrift "Reichspitze" zeigt uns den Weg: Wir folgen den gut erkennbaren Wegspuren im Gras, welche bald darauf im steinigen Blockgelände undeutlicher werden. Stets auf die regelmäßigen Markierungen achtend steigen wir über einige hübsche querlaufende Rippen aus Gosauschichten hinweg und erreichen bald den steil aufstrebenden Gipfelkörper der Reichspitze. Als erstes klettern wir eine kurze, ungesicherte Rinne mit einem senkrechten Aufschwung hinauf (II). Wenn Sie sich hier sicher fühlen, dann wird Ihnen auch der weitere Anstieg vor keine unlösbaren Probleme stellen. Im Anschluss lehnt sich das Gelände ein wenig zurück, trotzdem schadet eine gesunde Portion Schwindelfreiheit und Trittsicherheit keinesfalls – der Tiefblick über die teilweise senkrechten Abstürze ins Fundaistal ist nicht jedermanns Sache. Auf einem felsigen Vorkopf gerät das Gipfelkreuz in Sichtweite. Wir steigen ein paar Meter auf gerölldurchsetzten Tritten, welche vorsichtiges Gehen erfordern, in die Scharte vor dem Hauptgipfel ab und gelangen über einen steilen Aufschwung (II) zum höchsten Punkt – die Schlüsselstelle bildet ein kurzer, annähernd senkrechter und durch ein Drahtseil entschärfter Kamin.

Die Aussicht ist sehr lohnend und vielfältig. Die Gipfel des Parzinn erscheinen noch gewaltiger als vom Galtseitejoch aus gesehen. Im Westen treten die prominentesten Zacken der Lechtaler Alpen besonders markant hervor. Erwähnt seien der teilweise durch die Kogelseespitze verdeckte Freispitzkamm, die Vorderseespitze mit ihrem in der Ostflanke eingebetteten Gletscherchen, die Feuerspitze mit dem hervorstechenden Fallenbacher Ferner und der edle Gipfelturm der Holzgauer Wetterspitze. Ganz im Norden reicht der Blick bis ins Alpenvorland bei Füssen hinein. Unbedingt anzuführen ist der lange Gebirgszug, der am Habart seinen Anfang nimmt und sich schließlich zu einer wilden und abschreckend wirkenden Felsmauer empor schwingt, der Heiterwand. Der Blick über die Kübelwände zum Muttekopf dürfte speziell die Geologen unter den Bergwanderern faszinieren. Genießen Sie die tolle Rundsicht und regenerieren Sie sich ausreichend, der Anstieg zur Schlenkerspitze wird anstrengend genug! Auf dem Vorsicht erfordernden Südgrat kehren wir in 30 Minuten zurück zum Galtseitenjoch.

Es wird Ihnen sicherlich genauso gehen wie uns: Sie stehen vor dem gewaltigen Schlenkerspitzmassiv und fragen sich "wo soll es da bloß hoch gehen"!? Die Route ist allerdings stärker durch die Geländestruktur vorgegeben, als man von unserem Standpunkt aus erwarten würde – der größte Teil der Route ist noch nicht einzusehen. Trotzdem ist ein guter Orientierungssinn und Erfahrung mit steilem Geröll und zum Teil etwas brüchigen Schrofen höchstes Gebot für eine gefahrlose Begehung. Haben Sie sich schon an der Reichspitze unsicher gefühlt, dann sollten Sie unbedingt auf die Schlenkerspitze verzichten und gemütlich zum Ausgangsort zurückkehren.

Als Faustregel für die Orientierung gilt, dass man dem Nordgrat, wann immer es geht, möglichst treu bleibt, bis dieser an die senkrechten Gipfelfelsen des Schlenkerspitzmassivs stößt. Zunächst schlendern wir auf dem (im unteren Teil breiten) Grat in Richtung Süden. Man hält sich immer am Kamm, wobei man einige Zacken unschwierig umgeht, bis der Rücken merklich steiler wird. Schließlich gewinnen wir, gut auf die wenigen kleinen Steinmännchen achtend, im abschüssigen Schrofengelände eine lange Felsrippe, die vom Brunnkarjöchl zum Schlenkerspitz-Nordgrat empor zieht. Jetzt kraxeln wir in Richtung einiger Felstürme, bis ein Felsabbruch in eine u-förmige Einschartung ein Weiterkommen auf der Grathöhe unmöglich macht. Wir klettern deshalb etwas links an geeigneter Stelle über eine 3 Meter hohe senkrechte Felsstufe (II) zu auffallend dunklem Schutt hinunter. Der folgende Geröllschinder zurück zum Nordgrat gehört, obwohl insgesamt recht kurz, zu den schweißtreibendsten Abschnitten dieser Bergtour. Haben wir die Grathöhe wieder erreicht, halten wir uns auf dieser in südlicher Richtung und klettern über kleine Felsköpfe (I) an die nahen Gipfelfelsen der Schlenkerspitze heran. Auf ausreichenden Tritten geht es einen schrofigen Steilaufschwung hinauf und anschließend auf schmalen Schrofensimsen in eine nach links oben ziehende Felsrinne hinein, die bereits von weitem sichtbar ist. Zum Glück hat die Kraft, welche die Berge schuf, diese Felskluft entstehen lassen, sonst wäre der Gipfelgang mit erheblich größeren Schwierigkeiten verbunden. Bei unserer Besteigung im Oktober war die Rinne komplett mit führigem Schnee gefüllt und daher einigermaßen gut zu begehen. Dies muss allerdings nicht immer so sein! Sollte der Schnee vereist sein, wird diese Passage nur von dem im Umgang mit Pickel und Steigeisen geschulten Hochalpinisten überwunden werden können. Schauen Sie sich die Stelle einfach an und beurteilen Sie anhand der vorherrschenden Bedingungen ob der Weiterweg vertretbar ist. Kehren Sie im Zweifel lieber um! Sind wir im Rinnengrund angekommen, steigen wir über brüchige Schrofen (I) zu einem Steinmann am Ende der Rinne empor – besonders die Griffe der rechten Begrenzungswand bieten ausreichenden Halt. Das letzte Hindernis vor dem Vorgipfel ist die breite ostseitige Schrofenabdachung, deren Begehung sicheren Tritt und Kletterei im I. Schwierigkeitsgrad erfordert – unterhalb hohe Abbrüche!

Viel schneller als erwartet betreten wir den ca. 2820 Meter hohen Vorgipfel und können eine umfassende Aussicht genießen, auf die ich später genauer eingehen werde. Der Hauptgipfel mit dem etwas windschiefen Gipfelkreuz ist schon in Sicht, allerdings trennt uns eine scharf eingeschnittene Scharte vom höchsten Punkt. An dieser Stelle möchte ich einen historischen Ausschnitt der Alpenvereinszeitschrift von 1887 bezüglich des Übergangs zwischen Vor- und Hauptgipfel anführen, der von Anton Spiehler – dem großen Erschließer der Lechtaler Alpen – verfasst wurde: "In Südwestrichtung hatten wir auf Steinwurfweite einen ähnlichen Kopf vor uns, der uns offenbar um einige Meter überragte. Wir waren von ihm durch einen Einschnitt von einigen Stockwerk Tiefe getrennt, zu dem wir ganz gut hätten hinab kommen können. Aber die Besteigung dieses Kopfs ohne jedes Hilfsmittel erklärte Friedel [Spiehlers Bergführer] für unmöglich oder doch für eine Waghalsigkeit, zu der er sich nicht herbeilasse. Er hatte bezüglich dessen, was wir aus grösster Nähe vor Augen hatten, vollkommen Recht. Es war ein Fehler, wenn ich während der vier Stunden, die ich auf unserem Gipfel grösstentheils mit Zeichnen verbrachte, Friedel ruhig neben mir schlummern liess, statt ihn zum Einschnitt hinabzuschicken und so weit beiderseits untersuchen zu lassen, als das Terrain gestattete." Spiehler weiter: "Im Jahr 1886 trafen die Herren Purtscheller und Reichl bei unserem Steinmann ein und erreichten vom Einschnitt aus mit kleiner Umgehung nach rechts ohne Schwierigkeit den Hauptgipfel". Im Großen und Ganzen sind Spiehlers Worte korrekt, es muss allerdings angemerkt werden, dass der letzte Aufschwung zum Hauptgipfel heutzutage etwas links umgangen wird und sehr wohl mit Schwierigkeiten verbunden ist.

Durch eine kurze Schrofenrinne mit einer etwas plattigen südlichen Begrenzungsrippe gelangen wir von rechts her in die kleine Scharte zwischen Vor- und Hauptgipfel. Wir halten uns nun etwas nach links bis zu einem schmalen Spalt und erklettern an geeigneter Stelle den fast senkrechten Gipfelkopf (II+). Der Fels ist hier zumeist fest, verlassen Sie sich trotzdem nicht auf die Felsqualität und überprüfen Sie jeden Griff. Die ersten drei Meter sind annähernd senkrecht aber stets mit guten kleinen Tritten und Griffen. Danach lehnt sich das Gelände zurück und wir erreichen mit wenigen, sehr steilen Gerölltritten (Vorsicht im Abstieg!) das Gipfelkreuz der Schlenkerspitze auf 2827 Metern Höhe.

Die nach allen Seiten ungehinderte Rundsicht dürfte selbst allerhöchsten Ansprüchen gerecht werden! Im Südwesten erhebt sich der trotzigste Recke des Parzinn-Gebiets, der Bergwerkskopf. Dieser schmale Felszacken zeigt uns seine abweisendste Seite. Besonders eindrucksvoll ist der Blick über den zwei Kilometer langen Zackengrat zur Kleinen Schlenkerspitze, welche – einem Geisterschloss gleich – am westlichen Ende des Massivs aufragt. Dahinter erheben sich die bekannten Dolomitzacken Dremel- und Parzinnspitze. Im Norden erkennen wir die Reichspitze, die von unserer Warte aus gesehen schon merklich "geschrumpft" ist und nicht mehr so gewaltig wirkt. Im Osten schweift der Blick über den Muttekopf zur Hinteren Platteinspitze. Zwischen den beiden Gipfeln lugt das breite Wettersteinmassiv hervor, mit der Zugspitze als höchsten Punkt. Gerade an klaren Herbsttagen lohnt der Besuch der Schlenkerspitze: Im Süden blitzen uns die weitläufigen Gletschergebiete der Zentralalpen entgegen. Unschwer auszumachen sind Watze-, Verpeil- und die Ötztaler Wildspitze. Bei ganz klarer Sicht umfasst die Aussicht sogar den Ortler und einige Schweizer Viertausender.

Ein Blick ins Gipfelbuch der Schlenkerspitze dürfte Sie genauso überraschen wie uns. Ursprünglich gingen wir davon aus, dass die Schlenkerspitze nur wenige Male im Jahr besucht wird. Das läge auf der Hand, schließlich gibt es keinen angelegten Weg und Markierungen, welche die Orientierung erleichtern. Wir wurden allerdings eines Besseren belehrt, denn die Schlenkerspitze wird sogar verhältnismäßig häufig über unsere Nordgrat-Route erstiegen, manchmal sogar über den anspruchsvollen Südgrat, dessen schwierigsten Stellen (III) man jedoch offenbar ausweichen kann. Auch die Skitourengeher schätzen den Schlenker als anspruchsvollen Skiberg.

Nachdem wir die fantastische Rundsicht eingehend genossen haben, kehren wir auf dem Anstiegsweg zurück bis zu dem erwähnten schwarzen Schutt in der Nähe der Turmgruppe. Lassen Sie sich für diesen Abschnitt der Tour Zeit und setzten Sie Ihre Schritte bedacht, dann werden Sie den Abstieg gut hinter sich bringen. Bei den Türmen können Sie sich für zwei unterschiedliche Abstiegsrouten entscheiden: Der gemütliche Geher, der lange Steilschuttpassagen scheut, wird sich für den Abstieg zurück zum Galtseitejoch entscheiden und danach nach Pfafflar zurückkehren. Dem Individualisten sei der Abstieg nach Osten über ein hohes Schuttfeld zum Brunnkarjöchl – einem Einschnitt zwischen Schlenker- und Brunnkarspitze – ans Herz gelegt. Hierzu halten wir uns immer etwas rechts neben der Rippe, bis das Geröllfeld flacher wird und man mit etwas Höhenverlust an einem Turm rechts vorbei in das Brunnkarjöchl hineinqueren kann. Die letzten Meter zum Jöchl müssen wir über unangenehm zusammengebackenes, sandiges Geröll aufsteigen. Von dort geht es über mühsames Blockgelände zum bereits sichtbaren Fundaisboden hinab, wo die beiden Varianten wieder zusammen treffen. Die Route über das Brunnkarjöchl bietet den Vorteil, dass Konditionsstarke die Brunnkarspitze "mitnehmen" könnten. Der Westgrat der Brunnkarspitze dürfte allerdings Kletterstellen bis zum III. Grad im brüchig-sandigen Steilschrofengelände aufweisen.

Der Rückweg durch das Fundaistal nach Pfafflar ist uns vom Aufstieg bereits bekannt und wir erreichen den Ausgangsort rund eineinhalb Stunden nach Verlassen des Fundaisbodens. Die eindrucksvollen Ausblicke zur Klimmspitze, dem Endpunkt der Hornbachkette, und zum steilgrasigen Kreuzspitzkamm gestalten den langwierigen Tal-Marsch angenehmer als zunächst gedacht.

Karte

Höhenprofil mit Gehzeiten (ohne Pausen)

Lieber Bergfreund,

bei den auf gipfelsuechtig.de vorgestellten Tourenvorschlägen handelt es sich um außergewöhnlich schöne und spannende Bergfahrten, welche aber mitunter in ihrer Gesamtanforderung als recht anspruchsvoll eingestuft werden müssen. Für eine gefahrlose Nachbegehung sind neben Unternehmungslust und guter Ausrüstung vor allem zwei Dinge von großer Wichtigkeit: Vernunft und alpine Erfahrung. Die jährlich steigende Anzahl teils tödlicher Bergunfälle zeigt, dass viele Bergbegeisterte sich in ihrem Unternehmungsdrang überschätzen oder dem alpinem Gelände nicht den nötigen Respekt zollen. Besonders erschreckend ist bei näherer Betrachtung, dass es sich hierbei noch nicht einmal immer um besonders anspruchsvolle Touren handelt.

Meine dringende Bitte an Sie ist deshalb: Überprüfen Sie kritisch Ihre Bergerfahrung und lassen Sie bei Auswahl und Durchführung der Touren Vernunft walten. Nicht die schwierigste Tour ist die schönste, sondern jene, welche an Ihre individuelle Bergerfahrung angepasst ist. Es wäre für mich als Autor dieser Seite furchtbar, wenn Ihnen aufgrund meiner Tourenvorschläge etwas zustoßen sollte.

Die Bewertung der Schwierigkeiten auf meiner Seite erfolgt in der Regel sachlich und eher streng, was erfahrenen Gehern die korrekte Einordnung der Anforderungen erleichtern soll. Berücksichtigen Sie bitte, dass sich auch meine leichteren Touren teilweise in alpinerem Gelände mit allen damit verbundenen Risiken bewegen. Eine genauere Einordnung der von mir bei der Tourenbewertung verwendeten Schwierigkeitsskala finden Sie unter "Verschiedenes -> Bewertungen".

Wann immer Sie unsicher sind oder noch Fragen haben: Schreiben Sie mir eine Email oder rufen Sie mich einfach an (siehe Angaben unter "Impressum"). Ich helfe immer gerne weiter! Ich wünsche Ihnen schöne und erfolgreiche Bergtouren.

Boris Stephan (Webmaster gipfelsuechtig.de)

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