Vom Brander- zum Schönleitenschrofen

Diese landschaftlich reizvolle und abwechslungsreiche Tour ist durch die touristisch hervorragende Erschließung des Tegelberggebietes leider auf einigen Wegabschnitten viel begangen. Am besten gehen Sie diese Tour deshalb unter der Woche an. Auf den meisten Wegabschnitten werden Sie allerdings auch an den Wochenenden für sich sein. Allen Schwierigkeiten dieser Tour kann man jederzeit vor Ort ausweichen, doch verliert die Tour so auch gleichzeitig mehr und mehr an ihren Reizen und man muss mit den stärker frequentierten Wegen vorlieb nehmen.

Ausgangspunkt für diese Wanderung ist der gebührenpflichtige Parkplatz der Tegelbergbahn bei Hohenschwangau.. Wenn Sie Ihr Gipfelglück auf dem Branderschrofen, unserem ersten Gipfelziel, alleine genießen wollen, dann sollten Sie die Bergstation der Tegelbergbahn noch vor der ersten Kabinenbahn erreichen, denn dann ist es schlagartig rum mit der Ruhe. Die erste Bergfahrt ist nach meinem Kenntnisstand um 9.00 Uhr. Für gut Konditionierte ist der Aufstieg in zweieinhalb Stunden gut zu bewältigen, gemütlichere Geher müssen entsprechend mehr Zeit einplanen. Mein frühzeitiger Aufbruch schenkte mir nicht nur eine ungewohnt stille Gipfelrast auf dem Branderschrofen, sondern auch eine traumhafte Morgenstimmung über der Füssener Seenlandschaft beim Aufstieg auf dem Gelben-Wand-Weg. Frühes Aufstehen lohnt sich also.

Vom Parkplatz aus folgen wir der asphaltierten Forststraße zwischen Skilift und Sommerrodelbahn, welche kurze Zeit später in Schotter übergeht und ziemlich schnell giftige Steigungsprozente erreicht. Wir wandern auf der Fahrstraße bis zu einer Abzweigung und folgen dem Steig rechts mit dem Hinweisschild "Gelbe-Wand-Weg, nur für Geübte". Der "Gelbe-Wand-Weg" sei absoluten Anfängern widerraten, für Geübte ist der Aufstieg hingegen leicht. Er erfordert Trittsicherheit und am "Einstieg" etwas Schwindelfreiheit und Kletterfertigkeit (kaum I) in einer mäßig steilen Schrofenwand, welche jedoch hervorragend gesichert ist. Er sei deshalb als ganz leichter Einsteiger-"Klettersteig" wärmstens empfohlen.

Unser Steiglein quert nach mehreren ansteigenden Kehren eine Geröllpassage und wir erreichen schließlich den eben erwähnten schrofigen Aufschwung, den wir auf guten Tritten schnell überwinden. Der nun folgende Aufstieg in der schluchtartigen Einsenkung zwischen den senkrechten Wänden von Torkopf und Gelben Wandschrofen ist mit seinen reizvollen Tiefblicken ein echtes Highlight dieser Tour. Wir treffen am Ende der Schlucht wieder auf den Normalweg und steigen nach rechts über den mit vielen Treppenstufen angelegten Promenadenweg zum Tegelberghaus auf. Die brachiale Geländeumstellung fällt Kopf und Beinen gleichermaßen schwer und man ist froh, bis hierher über den Gelbe-Wand-Weg aufgestiegen zu sein. Vom Tegelberghaus sind es nur wenige Minuten zum Gipfel des Branderschrofen. Einige Schrofen leiten in ganz leichter Kletterei seilgesichert hinauf.

Von hier hat man eine wunderschöne Aussicht auf die Königsschlösser, den Säuling mit Pilgerschrofen, der Füssener Seenlandschaft und auf die Tannheimer Gruppe. Gratis dazu erhalten Sie einen hervorragenden Blick auf die hoffentlich erste Kabinenbahn, aus der die zahlende Kundschaft wie aus einem Wespennest zum Angriff startet. Da es mit der Ruhe nun in ein paar Minuten vorbei sein wird, gehen wir gleich unseren Abstieg zum Latschenschrofen an.

Der Übergang dorthin erfordert etwas Übung im Steilgrasgelände und gehört zu den anspruchsvolleren Abschnitten dieser Tour. Er sollte bei Nässe tabu sein und auch bei trockenen Verhältnissen nur von geübten Gehern angegangen werden, die auch die nötige Trittsicherheit im Steilgras mitbringen. Zum Latschenschrofen gelangt man auch, wenn man wieder bis zum Austritt des Gelbe-Wand-Wegs absteigt, und von dort aus dem Normalweg noch einige Meter bergab folgt. Auf rechter Seite zweigt ein deutlicher Pfad ab, der direkt zur Einsattelung südlich des Latschenschrofens leitet. Mit dieser unspektakulären Umgehung des Übergangs vom Brander- zum Latschenschrofen verpassen Sie jedoch auch den schönsten und einsamsten Abschnitt dieser Tour. Selbstverständlich können Sie den Anstieg zum Branderschrofen auch komplett einsparen und vom Austrittspunkt des Gelbe-Wand-Wegs direkt zum Latschenschrofen wandern. Der Branderschrofen ist wegen seiner schönen Aussicht aber auf jeden Fall einen Abstecher wert.

Für den Übergang steigen wir vom Gipfel des Branderschrofens wenige Meter auf der Aufstiegsroute ab, bis der felsige Gipfelaufbau in einen steilen Wiesenhang übergeht. Mit einiger Aufmerksamkeit kann man im Gras eine zu Beginn sehr undeutliche Trittspur erkennen, welche steil bergab und leicht nach rechts zu einem grasigen, mit Latschen und einzelnen Felsköpfen besetzten Rücken hinüberleitet. Auf dieser Trittspur steigen wir mit der nötigen Konzentration den allmählich flacher werdenden Steilhang hinunter, bis wir den beschriebenen Rücken erreichen.

Hier beginnt eine deutliche Pfadspur, auf der wir mit herrlichen Blicken auf den Forggen- und Bannwaldsee durch Latschen und an Felsköpfen vorbei bis zu einem rinnenartig, schrofigen Abbruch gelangen, der sogar mit einem dünnen Stahlseil gesichert ist. Der Abstieg ist kürzer und leichter als es zunächst aussieht, doch erfordert die dünne Geröllauflage sicheren Tritt. Das Drahtseil empfinde ich hier ziemlich fehlplaziert, schließlich ist der Abstieg im Steilgras um einiges anspruchsvoller und so verleitet es wohl eher zum unbedachten Aufstieg in umgekehrter Richtung. Am Austrittspunkt der Rinne angekommen sind es nur noch wenige Meter zur unauffälligen Erhebung des Latschenschrofens. Von seinem Gipfel aus kann man schön unseren weiteren Routenverlauf überblicken.

Unmittelbar vor uns steht mit senkrecht abfallenden Wänden ein auffallender Felsturm, das Spitzigschröfle oder auch Franziskaner genannt. Er ist unser nächstes Gipfelziel, allerdings befindet sich der Aufstieg auf der anderen Seite. Seine Besteigung ist nicht allzu schwer, doch erfordert eine beinahe senkrechte Passage Kletterfertigkeit bis II sowie Trittsicherheit und Schwindelfreiheit während des gesamten (mit Bohrhaken installierten) Aufstiegs. Links hinter dem Franziskaner erblicken wir den stark mit Latschen bewachsenen Rossgern, dessen Gipfel wir ebenfalls noch einen Besuch abstatten können. Über seiner Nordflanke ragt der Schönleitenschrofen, unser letztes Gipfelziel. Auf meiner Karte (Kompass, Füssen-Ausserfern) wurde die Gipfelhöhe des Franziskaners mit 1656m angegeben. Diese dürfte wohl eher für die Gipfelhöhe des Rossgerns gelten, der Franziskaner ist ca. 40m niedriger. Der Rossgern wurde dagegen gleich ganz weggelassen, genauso fehlten alle Wanderwege zwischen Austritt Gelbe-Wand-Weg bis zum Schönleitenschrofen. Auch die Karte "Füssen und Umgebung" des Bayerischen Landesvermessungsamtes ist hier nicht besonders aufschlussreich.

Vom Latschenschrofen steigen wir auf deutlichem Steig in den sogenannten Kesselgraben ab. Für die Besteigung des Franziskaners verlassen wir den Weg nach kurzem Gegenanstieg auf einer schmalen, aber deutlichen Pfadspur, die an die Ostflanke des Franziskaners heranführt. Er sieht von hier bei weitem nicht mehr so unbezwingbar aus wie von seinen anderen Seiten, doch sollten Sie ihn nur angehen, wenn Sie sich die oben genannten Anforderungen zutrauen. Zunächst geht es in leichter Kletterei (I) über einige Felsstufen, am Ende rinnenartig eingeengt, zu einem markanten Felsspalt, der rechts von einer steil aufgestellten Platte mit einem markanten Riss begrenzt wird. Diese überwinden wir etwas ausgesetzt, aber an guten und festen Griffen (II) und erreichen ein Grasband, welches den weiteren Anstieg vermittelt. Von hier aus gelangen wir, etwas nach Norden ausholend, zu einer schmalen, schrofigen Stelle und erreichen schließlich auf erdigen Tritten durch Latschengassen den Gipfel mit Kreuz und Buch, sowie einem bequemen Holzbalken als Sitzgelegenheit.

Hier oben schmeckt die Brotzeit besonders gut, schließlich ist man sich seiner exponierten Lage bewusst und die Blicke der anderen Wanderer sind einem sicher. Maik und ich brüskierten uns entsetzlich und empfanden dann auch noch Genugtuung, als ein Nacheiferer wieder abdrehte. Ein Blick in das Gipfelbuch zeigt jedoch schnell, dass die Prahlerei am Gipfelkreuz fehl am Platz ist. Der Franziskaner wird nämlich recht häufig bestiegen und das nicht selten von seinen schweren Seiten. Egal, Spaß hat's gemacht und der Blick auf den steil in den Kesselgraben abbrechenden Rücken vom Branderschrofen zum Latschenschrofen ist landschaftlich wirklich großartig. Genau auf der Anstiegsroute steigen wir vorsichtig ab, wobei die steile Platte naturgemäß in Abstiegsrichtung mehr von einem abverlangt.

Unten angekommen wandern wir zu der Stelle zurück, an der wir den Steig verlassen haben, und setzen unsere Wanderung Richtung Rossgern fort. Auf seinen Südgipfel können wir noch einen kurzen Abstecher machen. Dazu verlassen wir den Steig an seinem südlichsten Eckpunkt und steigen auf Geröll, am Ende etwas abschüssig, links um die Schrofen herum auf die Rossgern-Westseite. Der weitere Anstieg erfolgt über den Westgrat in einfacher Schrofenkletterei (I), wobei gleich der erste, etwa mannshohe Grataufschwung als Schlüsselstelle zu bewerten ist. Unter dem Gipfel sind Trittsicherheit und Schwindelfreiheit unverzichtbar. Für wirklich Geübte dürfte hingegen der Aufstieg über die Süd-Ost-Seite noch interessanter sein. Dazu steigt man nicht um den Rossgern herum, sondern gelangt, die Geröllrampe an ihrem höchsten Punkt nach rechts verlassend, zu einer kurzen Rinne, welche zu einer steilen, aber gut gestuften, grasdurchsetzten Wand empor führt. Über diese klettern wir sehr steil direkt zum Gipfel empor. Dieser Aufstieg erfordert Kletterfertigkeit bis II und auf alle Fälle Schwindelfreiheit. Abstieg am Besten über den Westgrat.

Die Fortsetzung der Tour zum Schönleitenschrofen ist auf deutlichem Steig sehr leicht und wegen der schönen Aussicht vom Gipfel auf die Füssener Seenlandschaft und auf die Hochplattengruppe mit Geiselstein und Gumpenkarspitze sehr lohnend. Auf halber Strecke befindet sich zu linker Hand eine Abzweigung zum Vorderen Mühlberger Älpele. Nach der Besteigung des Schönleitenschrofens wandern wir hierher zurück. Ein Steig leitet von hieraus über das Vordere Mühlberger Älpele zur Drehhütte hinab, wobei wir an einer Weggabelung die linke Abzweigung wählen. Der schöne Teil der Tour ist nun leider vorbei. Wir folgen der asphaltierten Straße zum Parkplatz der Drehhütte hinab. Zum Teil können einzelne Kehren auf einer schmalen Pfadspur abgekürzt werden. Allein wird man hier an schönen Tagen wohl kaum sein. Unten angekommen wandern wir auf einem Asphaltsträßchen mit schönem Blick auf die Tannheimer Gruppe zurück zum Parkplatz der Tegelbergbahn.

Karte

Höhenprofil mit Gehzeiten (ohne Pausen)

Lieber Bergfreund,

bei den auf gipfelsuechtig.de vorgestellten Tourenvorschlägen handelt es sich um außergewöhnlich schöne und spannende Bergfahrten, welche aber mitunter in ihrer Gesamtanforderung als recht anspruchsvoll eingestuft werden müssen. Für eine gefahrlose Nachbegehung sind neben Unternehmungslust und guter Ausrüstung vor allem zwei Dinge von großer Wichtigkeit: Vernunft und alpine Erfahrung. Die jährlich steigende Anzahl teils tödlicher Bergunfälle zeigt, dass viele Bergbegeisterte sich in Ihrem Unternehmungsdrang überschätzen oder dem alpinem Gelände nicht den nötigen Respekt zollen. Besonders erschreckend ist bei näherer Betrachtung, dass es sich hierbei noch nicht einmal immer um besonders anspruchsvolle Touren handelt.

Meine dringende Bitte an Sie ist deshalb: Überprüfen Sie kritisch Ihre Bergerfahrung und lassen Sie bei Auswahl und Durchführung der Touren Vernunft walten. Nicht die schwierigste Tour ist die schönste, sondern jene, welche an Ihre individuelle Bergerfahrung angepasst ist. Es wäre für mich als Autor dieser Seite furchtbar, wenn Ihnen aufgrund meiner Tourenvorschläge etwas zustoßen sollte.

Die Bewertung der Schwierigkeiten auf meiner Seite erfolgt in der Regel sachlich und eher streng, was erfahrenen Gehern die korrekte Einordnung der Anforderungen erleichtern soll. Berücksichtigen Sie bitte, dass sich auch meine leichteren Touren teilweise in alpinerem Gelände mit allen damit verbundenen Risiken bewegen. Eine genauere Einordnung der von mir bei der Tourenbewertung verwendeten Schwierigkeitsskala finden Sie unter "Verschiedenes -> Bewertungen".

Wann immer Sie unsicher sind oder noch Fragen haben: Schreiben Sie mir eine Email oder rufen Sie mich einfach an (siehe Angaben unter "Impressum"). Ich helfe immer gerne weiter! Ich wünsche Ihnen schöne und erfolgreiche Bergtouren.

Boris Stephan (Webmaster gipfelsuechtig.de)

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